Hell is Us – PC im Test (2025)

Hell is Us ist eines dieser Spiele, die man entweder mag – oder eben nicht. Oder vielleicht doch? Denn Hell is Us ist etwas Besonderes. Auch wenn es an einigen Stellen Schwächen hat, bleibt es durch viele Aspekte positiv im Gedächtnis. Besonders einige Momente stechen hervor, wie ich sie nur selten in anderen Spielen erlebt habe.

Entwickelt wurde das Ganze von Rogue Factor, einem Studio, das 2013 in Montreal gegründet wurde. Zuvor waren sie für Titel wie Necromunda: Underhive Wars oder Mordheim: City of the Damned verantwortlich. Mit Hell is Us präsentieren sie jedoch eine komplett neue IP, die zudem äußerst ambitioniert wirkt. Creative Director ist Jonathan Jacques-Belletête, der bereits für die Art Direction von Deus Ex: Human Revolution verantwortlich war. In Interviews betonte er, dass das Team mit Hell is Us eine dichte, emotionale und erzählerisch starke Welt erschaffen wollte.

Doch nun tauchen wir gleich in die Story ein.

Story

Hell is Us spielt im fiktiven Land Hadea, das durch einen Bürgerkrieg zerrissen ist. Wir schlüpfen in die Rolle von Remi. Dieser wurde im Alter von fünf Jahren aus Hadea herausgeschmuggelt – dank seiner Mutter, die selbst nicht mitkommen konnte. Aufgewachsen ist Remi in Kanada, wo er als Waise nie ein wirkliches Zuhause hatte. Später trat er den ON Peacekeeping Forces bei. Mit deren Hilfe versucht er, zurück nach Hadea zu gelangen. Als dieser Versuch scheitert, desertiert er – und genau so beginnt schließlich das Spiel.

Unser erster Weg führt uns zu einer Farm. Dort erfahren wir, dass sich eine Truppe Soldaten mit einem Fahrzeug im Wald aufhält. Ein freundlicher alter Mann, der alleine auf der Farm lebt, gibt uns einen Schlüssel zum Farmtor und erklärt, wie wir das Fahrzeug und die Soldaten finden können, die uns nach Jova bringen könnten. Dorthin möchte Remi unbedingt, denn sein Vater war dort der Schmied. Der alte Mann erzählt uns außerdem, warum er nun alleine lebt. Schon hier zeigt sich, wie stark das Worldbuilding ist. Eine Besonderheit: Remi besitzt nur begrenztes Wissen über die Ereignisse in Hadea. Durch Gespräche lernt er nach und nach dazu. Das Spiel setzt dies mit einer Mindmap auf seinem Tablet um oder zeigt neue Infos im Dialogbildschirm. So bleibt der Wissensstand des Spielers stets auf dem gleichen Niveau wie der von Remi.


Nachdem wir erfahren haben, in welche Richtung wir gehen müssen, treffen wir auf einen verletzten Soldaten. Wir helfen ihm, woraufhin er uns erklärt, was zu tun ist, und uns ein wichtiges Item überlässt. Mit diesem lösen wir ein Rätsel und öffnen den Zugang zu alten Ruinen, vor denen der Soldat liegt. Nur in den Katakomben können wir den Schlüssel für das Fahrzeug finden.

In den Ruinen begegnen wir auch unserem ersten Hollow Walker – den Hauptgegnern von Hell is Us. Sie sind schneeweiß, gesichtslos und haben in der Körpermitte nur gähnende Leere. Mehr möchte ich hier allerdings nicht spoilern.

Was mir besonders gefällt, ist der Umgang mit Geschichte und Charakteren. Alles muss man sich selbst erschließen: Es gibt keine Map und kein Questlog. Der einzige Anhaltspunkt ist die Mindmap und die Figuren, die man unterwegs trifft. Natürlich existieren auch Nebenquests, doch sie sind völlig optional. Ihr müsst nichts tun – ihr könnt. Und genau das macht den Reiz aus.


Besonders beeindruckt hat mich von Anfang an der Umgang mit dem Bürgerkrieg. Das Spiel romantisiert nichts, sondern zeigt die grausamen Seiten: Kriegsverbrechen, Hass und Verachtung gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen. Normalerweise soll man in Spielen mit einer Seite sympathisieren – hier nicht. Natürlich gibt es Opfer, aber es ist Krieg, und wir stecken mittendrin.

All das, zusammen mit den großartigen Dialogen und dem absolut genialen Worldbuilding, ist einfach fantastisch. Es erinnert stellenweise an Dark Souls: Auch dort muss man sich Lore und Zusammenhänge selbst erarbeiten. Hell is Us geht aber noch einen Schritt weiter, indem es zusätzlich das Dialogsystem und das Tablet bietet, die einen noch tiefer in die Welt eintauchen lassen.

Gameplay

Apropos Eintauchen in die Welt – das Gameplay unterstützt das ungemein. Ich habe schon erwähnt, dass es weder Karte noch Questlog gibt. Das bedeutet, ihr sucht euch euren eigenen Weg durch die Welt, was das Spielgefühl hervorragend widerspiegelt. Überall gibt es etwas zu entdecken: Rätsel, Geheimnisse oder Gegner, die euch zu fordernden Kämpfen herausfordern. Das Beste daran: Ihr werdet mit neuen Artefakten oder Waffen belohnt. Manchmal erhaltet ihr auch neue Fertigkeiten, die ihr in eure Waffen oder die Drohne einsetzen könnt.

Allerdings steckt hier auch eine verpasste Chance. Hell is Us bietet zwar verschiedene Regionen, doch sie sind recht überschaubar und man findet sich schnell zurecht. Eine echte Open World, in der man mit Kompass navigieren muss, hätte dem Spiel meiner Meinung nach gutgetan. Besonders spannend wäre es gewesen, wenn man selbst Markierungen auf einer Karte einzeichnen könnte, statt wie üblich eine GPS-Position zu haben. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.


Das Gameplay ist insgesamt stark actionorientiert. Ihr könnt zwei Nahkampfwaffen ausrüsten und erhaltet früh eine Drohne, die euch zur Seite steht – nicht nur im Kampf. Sie übersetzt etwa die alte Sprache in den Ruinen von Hadea, sodass ihr Rätsel überhaupt erst lösen könnt. Außerdem spendet sie Licht.

Im Kampf hat die Drohne zusätzliche Funktionen: Sie kann Gegner ablenken, was besonders bei mehreren Angreifern nützlich ist. Remi selbst verfügt über leichte und schwere Angriffe. Mit aufgerüsteten Waffen schaltet ihr zudem Glyphen frei, die euch zusätzliche Fähigkeiten verleihen. Auch die Drohne lässt sich mit speziellen Modulen verbessern. Besonders interessant ist das Waffenaufwertungssystem: Waffen steigen mit jedem besiegten Gegner im Level, bis sie stärker werden. Es gibt allerdings eine Levelbegrenzung, die ihr erst beim Schmied freischalten müsst. Sobald das erledigt ist, wird es spannend: Beim Aufwerten müsst ihr euch für ein Element entscheiden – ohne zu wissen, welche Auswirkungen es genau hat. Glücklicherweise ist das nicht entscheidend, denn die eigentliche Tiefe steckt in den Glyphen. Diese gibt es in verschiedenen Farben, wodurch bestimmte Kombinationen nicht möglich sind. Besonders cool: Mit jedem Upgrade verändert sich auch das Aussehen der Waffe – sie wirkt gefährlicher und eindrucksvoller.

Remi selbst levelt übrigens nicht klassisch. Seine Werte verbessert ihr durch Ausrüstung, die ihr findet. Besonders wichtig ist dabei die Lebensenergie, da sie auch die verfügbare Ausdauer bestimmt. Werdet ihr verletzt, habt ihr weniger Ausdauer für Angriffe, Ausweichrollen oder Blocks. Ein perfekt getimter Block ermöglicht zudem einen Finisher, abhängig davon, wie viele Ausdauersegmente der Gegner besitzt. Diese werden durch einen lila Balken mit Teilabschnitten dargestellt.

Natürlich könnt ihr Angriffen auch ausweichen, doch das ist nicht immer einfach, da sich die Gegner oft unberechenbar und unmenschlich bewegen. Werdet ihr getroffen, verliert ihr Lebensenergie und Ausdauer – könnt euch aber durch erfolgreiche Angriffe wieder heilen. Jeder Treffer lädt einen leuchtenden Kreis um Remi auf. Wenn er aufblitzt, müsst ihr rechtzeitig eine Taste drücken, und je nach angerichtetem Schaden erhaltet ihr Lebensenergie zurück. Dieses System erinnert an die Ki-Wiederherstellung aus Nioh.


Die Hollow Walker treten zudem in unterschiedlichen Varianten auf. Manche werden von leuchtenden Kugeln begleitet, die ebenfalls angreifen. Solange diese Kugeln aktiv sind, bleiben die verbundenen Hollow Walker unverwundbar. Zerstört ihr die Kugel nicht rechtzeitig, erscheint sie nach kurzer Zeit erneut.

Alles in allem hat mir das Gameplay sehr gefallen. Ich hatte eine Menge Spaß mit Hell is Us und wünsche mir mehr Spiele dieser Art. Auch der Umfang von etwa 20 bis 35 Stunden – abhängig davon, wie viel man erkundet – ist genau richtig. Es ist nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz, und hilft dabei, der Geschichte zu folgen. Besonders erfreulich ist zudem der Preis: Statt der üblichen 79,99 € kostet Hell is Us „nur“ 49,99 €.

Technik

Was soll ich sagen? Hell is Us ist das erste Unreal Engine 5-Spiel, mit dem ich wirklich rundum zufrieden bin. Es läuft butterweich, unterstützt alle wichtigen Features – und während meiner Spielzeit hatte ich keinen einzigen Absturz.


Auch beim Sounddesign und Soundtrack gibt es nichts auszusetzen: Beides ist top! Einzig Remi als Spielfigur fühlt sich etwas zu leicht an, fast so, als hätte er kein Gewicht. Das ist zwar schade, aber definitiv kein Dealbreaker.

Fazit

Hell is Us ist kein Spiel für jeden – und genau das macht es so besonders. Wer Lust auf eine dichte Atmosphäre, fordernde Kämpfe und eine Welt hat, die man sich selbst erschließen muss, wird hier ein außergewöhnliches Erlebnis finden. Das Spiel überzeugt durch starkes Worldbuilding, spannende Ideen und eine Story, die sich wohltuend von typischen Genre-Klischees absetzt.

Natürlich gibt es auch Schwächen: Die Gebiete sind etwas klein geraten, Remi wirkt als Spielfigur manchmal zu leicht, und nicht jede Gameplay-Mechanik schöpft ihr volles Potenzial aus. Doch das fällt kaum ins Gewicht, wenn man bedenkt, wie gut Atmosphäre, Erkundung und die thematische Tiefe ineinandergreifen.

Mit einer Spielzeit von rund 20 bis 35 Stunden und einem fairen Preis ist Hell is Us ein mutiger Titel, der frischen Wind ins Action-Adventure-Genre bringt. Wer sich darauf einlässt, wird mit Momenten belohnt, die lange im Gedächtnis bleiben.

Hell is Us überzeugt mit starkem Worldbuilding, fordernden Kämpfen und einer dichten Atmosphäre. Kleine Schwächen in Umfang und Balance ändern nichts daran, dass es ein intensives Action-Adventure ist, das lange nachhallt.
Story & Atmosphäre
9
Gameplay & Balance
8
Technik & Performance
8.5
Sound & Immersion
9
Langzeitmotivation
8
Das hat mir Gefallen
Starkes Worldbuilding mit glaubwürdiger Kriegsatmosphäre
Spannende Story-Momente, die lange im Gedächtnis bleiben
Keine Questmarker oder Karte – man muss sich die Welt selbst erschließen
Abwechslungsreiche Kämpfe mit Waffen, Drohne und Glyphen
Interessantes Waffenaufwertungssystem mit optischen Veränderungen
Solide Technik: läuft flüssig, keine Abstürze
Sehr guter Soundtrack und Sounddesign
Faire Spielzeit und Preisgestaltung (20–35 Stunden, ~49,99 €)
Das war nicht so gut
Regionen recht klein, verpasste Open-World-Chance
Remi fühlt sich als Spielfigur etwas zu leicht / gewichtslos an
Kämpfe können repetitiv wirken, vor allem auf längere Sicht
Hollow-Walker-Mechanik mit Kugeln kann anfangs frustrieren
Wenig Motivation über die Hauptspielzeit hinaus
8.5