Ghost of Yotei – PS5 im Test (2025)

Ghost of Tsushima war für mich eine echte Offenbarung – es hat mir gezeigt, wie Open World richtig geht. Jetzt ist Ghost of Yotei erschienen – und das ausgerechnet in einem Jahr, in dem auch Assassin’s Creed: Shadows seinen Sprung nach Japan geschafft hat. Doch was macht Ghost of Yotei besser? Wo ist es vielleicht schwächer? Und was macht es anders?

Sorry für den kleinen Schock: Ghost of Yotei ist in allen Belangen besser. Das ist einfach so – das Kampfsystem, die Open World, die Story und sogar die Grafik. Dabei ist Sucker Punch, das Studio hinter Ghost of Yotei, kleiner und sparsamer. Trotzdem ist Ghost of Yotei das Spiel, das zeigt, wie man Japan wirklich darstellt.

Nicht dieses romantisierte Fantasiejapan, das uns Assassin’s Creed verkauft, sondern ein Japan, das durch Krieg und Ehre zerrüttet ist. Hier sind Samurai keine Helden, und das Shogunat ist keine ehrenvolle Institution. Mehr dazu erfahren wir aber später.

Also ja – Ghost of Yotei ist eines dieser Spiele, die für mich ein klarer Anwärter auf den Game of the Year-Titel sind. Wie und warum, das ergründen wir jetzt.

Story und Welt

Man spielt Atsu, eine Söldnerin, die in jungen Jahren ihre gesamte Familie verloren hat. Nach vielen Jahren als Kämpferin – unter anderem in einem großen Krieg im Süden Japans – kehrt sie nun in ihre Heimat zurück, um Rache zu nehmen.

Ihre Familie wurde von den sogenannten Yotei Sechs getötet. Jetzt, da Atsu wieder in Ezo, dem heutigen Hokkaido, ist, beginnt ihre Jagd. Schon der Kampf in der absolut genialen Anfangssequenz gegen die Schlange, eines der Mitglieder der Yotei Sechs, ist beeindruckend inszeniert – cineastisch, intensiv und mit cleveren Zeitebenenwechseln. Hier zeigt Sucker Punch, was sie wirklich draufhaben. Doch auch die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, macht einfach Spaß. Denn sobald man in der Open World angekommen ist, kann man die Story relativ frei angehen.

Screenshot von der PlayStation 5

Die Handlung wird nichtlinear erzählt – ihr könnt also selbst entscheiden, welchen der Yotei Sechs ihr zuerst jagt. Dabei trifft Atsu immer wieder auf neue Verbündete, die Händler oder Lehrer sein können. Eine besondere Rolle spielt auch ihr Wolfsrudel, denn Atsu ist in Ezo als Onryo, ein Rachegeist, bekannt – und wird von einer treuen Wölfin begleitet.

Doch die Story ist nicht das einzige Highlight. Ezo selbst ist als Spielwelt einfach atemberaubend. Und damit meine ich nicht nur die Grafik, sondern auch die Art, wie die Welt aufgebaut ist und wie lebendig sie wirkt. Wie schon im Vorgänger werdet ihr vom Wind geleitet, den ihr sehen könnt und der euch zu eurem Ziel führt. Ihr könnt nicht einfach Fragezeichen auf der Karte abklappern wie in Assassin’s Creed – denn eure Karte ist anfangs nicht aufgedeckt. Stattdessen findet oder kauft ihr Kartenfragmente, oder ihr bekommt Hinweise von NPCs. Alles andere müsst ihr selbst entdecken.

Dabei helfen euch subtile Hinweise: weiße Rauchsäulen, die auf heiße Quellen deuten, Lagerfeuer in der Ferne oder kleine Vögel, die euch zu interessanten Orten führen. Und es gibt trotzdem viele Geheimnisse zu entdecken. All das sorgt für eine dichte Atmosphäre.
Ein echtes Highlight für mich sind die Kopfgeldjäger: Auf Atsu ist ein Kopfgeld ausgesetzt, und die Steckbriefe hängen überall in der Welt. Hin und wieder trifft man auf Kopfgeldjäger, die sie erkennen und angreifen – das lässt die Welt unglaublich dynamisch wirken.

Screenshot von der PlayStation 5

Auch die Charaktere sind hervorragend gelungen. Sie wirken einzigartig und lebendig – selbst kleinere Figuren oder einzelne Kopfgeldziele, die eigentlich nur Nebenaktivitäten sind, haben eigene Geschichten und überraschende Abschlüsse. Das trägt enorm dazu bei, dass sich die Welt glaubwürdig und lebendig anfühlt. Ich wollte wirklich alles erleben – sogar die typischen Fetch-Quests –, nur um noch mehr von dieser Welt mitzubekommen.

Kurz gesagt: Die Story und Welt von Ghost of Yotei sind einfach großartig. Lustigerweise ähnelt die Geschichte sogar ein wenig der von Assassin’s Creed: Shadows – wird dort aber viel besser erzählt, und auch die Open World wirkt deutlich glaubwürdiger und immersiver.

Gameplay

Wenn ihr Ghost of Tsushima gespielt habt, dann kennt ihr das Grundprinzip bereits: Ihr müsst Angriffe parieren oder ausweichen und im richtigen Moment kontern. Die Kämpfe sind dabei recht anspruchsvoll, und Fehler werden konsequent bestraft – besonders in den Bosskämpfen, die richtig fordernd sind. Doch das ist längst nicht alles, denn die Gegner nutzen unterschiedliche Waffentypen, was euch zwingt, euer Vorgehen ständig anzupassen.

In Ghost of Tsushima konntet ihr verschiedene Haltungen erlernen – dieses System wurde in Ghost of Yotei durch eines mit verschiedenen Waffen ersetzt. Atsu kann nämlich mehrere Waffengattungen meistern:
Zum Beispiel müsst ihr die Doppelkatanas beherrschen, um gegen Gegner mit Stabwaffen die Oberhand zu gewinnen. Oder ihr lernt den Umgang mit dem Odachi, einem großen Katana, um euch gegen schwere Feinde durchzusetzen. Natürlich gibt es auch noch weitere Waffen, aber das dürft ihr selbst entdecken.

Screenshot von der PlayStation 5

Alternativ könnt ihr auch den klassischen „Ghost“-Spielstil bevorzugen – also schleichen, lautlos töten und im Schatten agieren. Dabei könnt ihr sogar euren Superangriff einsetzen: Dieser versetzt Gegner in Angst, sodass ihr den ersten Feind sofort töten könnt, während die anderen panisch reagieren. Allerdings müsst ihr, um diese Fähigkeit zu aktivieren, fünf Gegner besiegen, ohne Schaden zu nehmen. Sobald ihr getroffen werdet, wird der Zähler zurückgesetzt.

Neben Waffen und Skills habt ihr auch einige Gadgets zur Verfügung – etwa Kunais und Rauchbomben, die ihr taktisch im Kampf einsetzen könnt. Trotzdem müsst ihr flexibel bleiben, denn auch Gegner können mitten im Kampf ihre Waffen wechseln.

Alles in allem ist das Kampfsystem großartig und macht einfach unglaublich Spaß – auch wenn es durchaus fordernd ist. Doch Ghost of Yotei besteht nicht nur aus Kämpfen oder Schleichen: Ihr müsst auch klettern, erkunden und reisen. Beim Klettern nutzt ihr euren Enterhaken, um euch hochzuziehen oder über Abgründe zu schwingen, und beim Reisen seid ihr auf eurem Pferd unterwegs.

In der Welt gibt es jede Menge zu entdecken – etwa heiße Quellen, die eure Gesundheit erhöhen, oder Wolfsbauten, von denen ihr einem Wolf folgen müsst, um anschließend ein Jägerlager auszuschalten. Dadurch stärkt ihr die Bindung zu eurer treuen Wölfin.

Ihr könnt außerdem neue Fähigkeiten freischalten, um eure Skills und Waffen weiter zu verbessern. Dafür müsst ihr an Schreinen beten, die über die Welt verteilt sind.
Das sind allerdings nur die Sammelaktivitäten – es gibt noch deutlich mehr zu tun.

Screenshot von der PlayStation 5

So könnt ihr Kopfgelder annehmen: Dafür sammelt ihr Steckbriefe ein, findet euer Ziel anhand von Hinweisen und stellt euch dem Kampf. Es gibt auch Lager, die ihr befreien könnt – meist im Zusammenhang mit einer Quest oder einer anderen Aufgabe. In jedem dieser Lager findet ihr außerdem einen Schrein, an dem ihr einen Fähigkeitspunkt erhaltet.

Manchmal hört ihr auch Geschichten oder Mythen, die ihr verfolgen könnt, um besondere Rüstungen oder Fähigkeiten zu erhalten. Diese Quests entdeckt ihr meist durch NPCs – oder sogar durch kleine Details wie einen Pfeil mit einer Nachricht, der plötzlich vor euren Füßen landet.

Über die Hauptgeschichte erhaltet ihr zwar neue Waffen, aber um sie zu meistern, müsst ihr Nebenquests erledigen. Ihr habt also einen klaren Hauptpfad, aber gleichzeitig viele Möglichkeiten, euch abseits davon zu verbessern.
Das macht Ghost of Yotei zu einem angenehm entspannten Spiel, das euch nicht dazu zwingt, endlos Fragezeichen auf der Karte abzuarbeiten oder permanent euren Loot zu verwalten.

Technik

Was soll ich zur Technik groß sagen? Es sieht fantastisch aus, spielt sich großartig und läuft absolut stabil. Ich hatte während meines gesamten Spieldurchlaufs keinen einzigen Absturz oder Bug. Auch die Performance ist beeindruckend: Ich habe lange Zeit gar nicht bemerkt, dass ich im Grafikmodus unterwegs war – die 30 FPS fühlen sich in diesem Spiel völlig flüssig und angenehm an.

Auch der Sound und vor allem der Soundtrack sind einfach nur herausragend. Jede Szene wirkt durch die Musik intensiver, jede Umgebung lebendiger.
Also ja – auch in technischer Hinsicht ist Ghost of Yotei einfach genial.

Fazit

Ghost of Yotei ist für mich mehr als nur ein würdiger Nachfolger – es ist die Weiterentwicklung dessen, was Ghost of Tsushima einst begonnen hat. Es verbindet forderndes, aber befriedigendes Gameplay mit einer Welt, die lebendig wirkt und voller kleiner Details steckt. Die Story ist emotional, glaubwürdig und schafft es, Japan nicht als romantische Legende, sondern als zerrissenes Land zwischen Ehre und Rache zu zeigen.

Sucker Punch beweist hier eindrucksvoll, dass sie nicht nur wissen, wie man ein atmosphärisches Open-World-Spiel erschafft, sondern auch, wie man Spieler*innen emotional an eine Welt bindet. Jeder Kampf, jede Begegnung, jedes kleine Geheimnis in Ezo trägt dazu bei, dass man immer weiter spielen möchte.

Ghost of Yotei ist für mich ganz klar ein Anwärter auf den Game of the Year-Titel – nicht, weil es laut oder spektakulär ist, sondern weil es mit Herz, Tiefe und Liebe zum Detail überzeugt.

Vielen Dank an Sony für einen Key.

Story & Atmosphäre
9.5
Gameplay & Balance
9
Technik & Performance
9.5
Sound & Immersion
10
Langzeitmotivation
8.5
Das hat mir Gefallen
Großartige, emotionale Story mit düsterem Ton
Lebendige Open World mit sinnvollen Aktivitäten
Anspruchsvolles, präzises Kampfsystem
Hoher Wiederspielwert durch flexible Storystruktur
Fantastische Grafik und beeindruckende Lichtstimmung
Flüssige Performance, keine Bugs
Starker Soundtrack mit echter Gänsehautwirkung
Liebe zum Detail in Welt und Charakteren
Faire Progression ohne Loot-Zwang
Atmosphärische Dynamik durch Kopfgeldjäger-Events
Das war nicht so gut
Teilweise anspruchsvolle Kämpfe könnten Einsteiger überfordern
Weniger Waffentypen als erwartet
Einige Nebenaktivitäten wiederholen sich leicht
Kein komplett neues Konzept, eher eine Weiterentwicklung bekannter Mechaniken
9.3