Alle Wege führen nach Rom, so sagt man – und genau dort ist Anno nun ebenfalls angekommen. Eine altehrwürdige Aufbaureihe, die vor allem auf Seehandel gesetzt hat. Das Ganze kommt von Ubisoft Mainz, fühlt sich auf den ersten Blick richtig gut an und macht Spaß. Leider gab es die ein oder andere Kontroverse, da in den Ladebildschirmen KI-generierte Artworks genutzt wurden. Gerade für Gegner von KI schmälert das den Spaßfaktor, zumal nicht wirklich klar ist, was alles nun KI-generiert ist. Kommen wir aber einmal abseits der ganzen Kontroverse zum Spiel selbst.

Anno 117 spielt in Rom – beziehungsweise: Ihr spielt einen römischen Prätor oder eine Prätorin. Eure Aufgabe ist es also, Siedlungen und Städte aufzubauen. Gerade in diesem Setting ist das besonders spannend. Fangen wir aber, wie immer, bei der Story an!
Story
In Anno 117 könnt ihr entweder eine weibliche oder eine männliche Figur spielen. Ich empfehle an dieser Stelle schon einmal die weibliche Figur, denn ihre Story ist deutlich besser – zumindest im Prolog. Ihr werdet nämlich direkt zwangsverheiratet, und zwar mit einem römischen Prätor, der dem Kaiser nahesteht. Als männlicher Charakter habt ihr euch hingegen einfach nur hochgearbeitet. Allerdings bekommt ihr während der Story als weiblicher Charakter immer wieder Probleme aufgrund eures Geschlechts und wegen eures Mannes bzw. dessen Abwesenheit. Mehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht verraten.

Die Dialoge und die Story sind an sich ganz gut, dienen aber in erster Linie als Vehikel für das Gameplay. Auch hier gilt: Die Story ist im Kern ein stark erweitertes Tutorial, in dem ihr das Spiel lernt. Natürlich bietet sie einige coole Momente, aber sie ist nicht besonders spektakulär oder cineastisch inszeniert. Es gibt interessante Charaktere und spannende Wendungen, doch am Ende ist es eben die Geschichte eines Aufbauspiels – und nicht die eines AAA-Rollenspiels.
Gameplay
Das Gameplay ist dem von Anno 1800 sehr ähnlich. Ihr baut eure Siedlung aus, indem ihr immer neue Produktionsketten errichtet, um die Bedürfnisse eurer Siedler zu erfüllen. Dabei steigen diese nach und nach in höhere Stufen auf. Neu ist, dass ihr euch beim Aufstieg zwischen Römern und Kelten entscheiden könnt. Das eröffnet unterschiedliche Produktionsketten, und im späteren Verlauf benötigt ihr auch beide, um wirklich alle Bedürfnisse zu decken und Handelsrouten planen zu können.

Ihr fangt aber ganz einfach an – eigentlich wie immer. Die erste Produktionskette, die ihr benötigt, ist die für Holzbretter. Dafür braucht ihr einen Holzfäller und ein Sägewerk. Von dort an verzweigt sich alles immer weiter, bis ihr für manche Produktionsketten wirklich eine ganze Menge Ressourcen benötigt. So hält euch das Spiel gut auf Trab. Natürlich braucht ihr auch immer mehr Arbeitskräfte aus den unterschiedlichen Bevölkerungsstufen, sodass ihr stets auf ein ausgewogenes Verhältnis achten müsst. Das kann irgendwann recht herausfordernd werden, aber Planung ist hier einfach das A und O. Krieg spielt hingegen kaum eine Rolle – auch wenn ihr nun Landeinheiten haben könnt, ist das nur ein sehr kleiner Teil des Spiels.
Natürlich lässt euch das Spiel nicht alles auf einer einzigen riesigen Insel bauen. Ihr müsst im Verlauf mehrere eigene Inseln besiedeln, um alle Ressourcen abzudecken, oder Handelsrouten einrichten. Das kann schnell in ein kleines Logistikspiel abdriften, in dem ihr entscheiden müsst, wo ihr was produziert und wohin die Güter verteilt werden sollen. Dafür könnt ihr eigene Schiffe und Flotten bauen, mit denen ihr effizient handeln und Waren verschiffen könnt. Natürlich müsst ihr das nicht alles manuell erledigen: Ihr könnt Handelsrouten festlegen und direkt an eurem Kontor (dem Hauptgebäude) einstellen, womit gehandelt werden soll und wie viel im Lager verbleiben soll.
Das klingt jetzt alles sehr tiefgreifend und kompliziert, ist es aber gar nicht. Anno hilft euch bei so ziemlich jedem Feature mit kleinen Tutorials. Neu sind beispielsweise Glaube und Forschung. Hier wählt ihr eine Gottheit, die euch bestimmte Boni gewährt – etwa Ceres, die Vorteile für eure Landwirtschaft bietet. In der Forschung könnt ihr wiederum neue Verbesserungen freischalten, die euch beim Wirtschaften unterstützen oder eure Produktion effizienter machen.

Also ja: Anno kann ein komplexes Spiel sein, aber es ist relativ einfach zu lernen und längst nicht so ein schwergewichtiges Brett wie ein Global-Strategiespiel von Paradox. Ich jedenfalls hatte – und habe – in meinen Endlospartien immer noch viel Spaß mit Anno!
Technik
Was soll ich sagen? Anno 117 ist bei mir kein einziges Mal abgestürzt – vielleicht gerade weil sie ihre eigene Engine entwickelt haben. Ich habe außerdem das Gefühl, dass es performanter läuft als Anno 1800. Auch der Sound ist gelungen, und die Steuerung mit Maus und Tastatur ist top! Viel mehr kann ich zur Technik eigentlich gar nicht sagen.
Fazit
Am Ende des Tages ist Anno 117: Pax Romana genau das, was ich mir von einem neuen Anno erhofft habe: Ein entspanntes, aber dennoch forderndes Aufbauspiel mit einem richtig coolen Setting, das mich stundenlang in seinen Bann gezogen hat. Ja, die ganze KI-Art-Nummer war ein kleiner Dämpfer, und ja, die Story ist eher ein erweitertes Tutorial als ein cineastisches Meisterwerk – aber ganz ehrlich: Ich spiele Anno nicht wegen der epischen Plot-Twists, sondern weil ich Städte aus dem Boden stampfen, Produktionsketten optimieren und mich über perfekt laufende Handelsrouten freuen will.

Das neue Setting mit Römern und Kelten bringt frischen Wind rein, die neuen Mechaniken wie Glaube und Forschung machen Spaß, und technisch läuft das Ding bei mir butterweich. Für mich ist Anno 117 definitiv ein Titel, in den ich noch viele Stunden versenken werde – sei es im Storymodus oder in meinen geliebten Endlospartien. Wenn ihr Aufbau-Spiele mögt, dann bekommt ihr hier ein richtig gutes Paket.

