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Frostpunk 2 (PC) im Test

Frostpunk 2 (PC) im Test

Einleitung

Als riesiger Fan des ersten Frostpunk-Teils war ich gleichermaßen gespannt und skeptisch, als Frostpunk 2 angekündigt wurde. Der erste Teil gehörte zu meinen absoluten Lieblingsspielen, dank seiner beklemmenden Atmosphäre, den schwierigen moralischen Entscheidungen und dem packenden Stadtmanagement. Nun sollte der Nachfolger mit vielen Neuerungen aufwarten, allen voran den neuen Distrikten. Der Gedanke, dass grundlegende Elemente des ersten Teils verändert werden könnten, machte mich zunächst nervös. Doch nach einigen intensiven Spielstunden kann ich beruhigt sagen: Frostpunk bleibt Frostpunk. Trotz der Neuerungen fühlt es sich vertraut an und erweitert das, was ich am Vorgänger liebte, auf sinnvolle Weise.

Story

Die Geschichte von Frostpunk 2 setzt etwa 30 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils ein. Neu-London, die Stadt, die wir damals mit aller Mühe errichtet haben, steht erneut im Fokus. Doch der Captain, der so bewundert und verehrt wurde, ist nun tot. In seine Fußstapfen treten wir als neuer Magistrat, der allerdings nicht den gleichen Respekt genießt. Im Gegenteil, unser Ansehen ist gering, und wir übernehmen eine Stadt, die noch immer von den harschen Bedingungen des ewigen Winters geplagt wird.

Als neuer Anführer stehen wir vor gigantischen Herausforderungen: Der Generator, das Herzstück der Stadt, funktioniert nicht, Kohle und Nahrung sind knapp, und die Bürger sind unzufrieden. Neu-London ist gespalten, soziale Unruhen sind an der Tagesordnung, und ohne einen funktionierenden Rat können wir keine Gesetze erlassen. All diese Probleme lassen uns spüren, wie fragil das Überleben in dieser frostigen Welt ist. Entscheidungen, die wir treffen und die Konsequenzen, die daraus folgen, verschlechtern in der Regel das Lebensgefühl der Bürger. Eine harte Entscheidung folgt einer weiteren und meist gibt es nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Lore

Die tiefe Hintergrundgeschichte, die schon im ersten Teil so faszinierend war, setzt sich auch in Frostpunk 2 nahtlos fort. Nach dem globalen Vulkanausbruch von 1886 (zwei Vulkanausbrüche laut Frostpunk-Lore) hat sich die Erde in eine eisige Wüste verwandelt. Die wenigen Städte, die noch existieren, kämpfen ums Überleben, während der ewige Winter anhält. Neu-London war einer dieser Hoffnungsschimmer, doch auch nach 30 Jahren haben sich die Verhältnisse nicht verbessert. Ressourcen wie Kohle und Öl sind knapp, und die Menschen müssen weiterhin um Nahrung und Wärme kämpfen.

Die Stadt hat sich in verschiedene Fraktionen aufgespalten, jede mit eigenen Vorstellungen von der Zukunft. Während die Neu-Londoner Fortschritt und Technik als Schlüssel zum Überleben sehen, setzen die Glaubenshüter auf spirituelle Erneuerung. Dieser ständige Kampf zwischen Ideologien spiegelt sich im Rat wider, wo wir als Magistrat die Interessen der verschiedenen Gruppen gegeneinander ausspielen müssen, um wichtige Entscheidungen zu treffen.

Gameplay

Das Gameplay von Frostpunk 2 hat sich radikal verändert und bietet nun ein vielschichtigeres Erlebnis. Wo wir im ersten Teil noch jeden einzelnen Arbeiter managen und den täglichen Kampf ums Überleben aus nächster Nähe verfolgen konnten, steuern wir nun eine Stadt mit über 8000 Einwohnern – stetig steigernd. Diese Menschen brauchen Nahrung, Wärme und Arbeit – aber anstatt jedes Gebäude selbst zu errichten, bauen wir nun ganze Distrikte, die für verschiedene Zwecke ausgelegt sind: Wohnbezirke, Förderdistrikte sowie weitere.

Anfangs empfand ich dieses neue System als ungewohnt und distanziert. Der Zoom lässt es nicht mehr zu, das Stadtgeschehen aus nächster Nähe zu betrachten, was mir besonders in den ersten Stunden gefehlt hat. Aber nach einiger Eingewöhnung verstand ich den Sinn dahinter: Bei so vielen Menschen wäre eine Mikromanagement-Ebene schlicht überfordernd. Die Distrikt-Einteilung sorgt für Übersichtlichkeit, und das Verwalten von Ressourcen wie Kohle und Öl wird durch spezialisierte Zonen effizienter. Um an ein Gebäude heranzuzoomen, muss man allerdings auf das Gebäude klicken und dann nochmals auf ein Lupensymbol, dann wird einem beispielsweise auch der Ratssaal angezeigt. Das ist zwar ein längerer Weg zu Ziel, sorgt aber für die wichtige Übersichtlichkeit.

Ein bedeutender Aspekt im Gameplay sind die Spezialgebäude. Mit der Zeit müssen wir etwa das Rathaus und das Forschungsinstitut errichten. Diese Gebäude spielen eine entscheidende Rolle, da im Rathaus Gesetze erlassen werden, die über das Schicksal unserer Stadt bestimmen, während im Forschungsinstitut neue Technologien entwickelt werden. Diese Technologien wiederum sind stark von den Fraktionen abhängig: Jede Fraktion hat eigene Forschungsvorschläge, die den Spielverlauf beeinflussen. Hier gilt es, kluge Allianzen zu bilden, um Fortschritt zu sichern und den Rat auf seine Seite zu ziehen.

Ein weiteres wichtiges Element sind die Kolonien. Um das Wachstum unserer Stadt zu sichern, müssen wir uns ins Frostland wagen und Außenposten errichten.

Diese Kolonien liefern uns lebenswichtige Ressourcen wie Öl und Nahrung, ohne die das Überleben unserer Stadt nicht möglich wäre. Der ständige Druck, neue Ressourcenquellen zu erschließen, sorgt für zusätzliche Spannung und bringt uns immer wieder an unsere Grenzen. Immer wieder müssen wir umplanen, Distrikte, deren Rohstoffe aufgebraucht sind, abbauen, neue Gebiete mit Rohstoffen erschließen und wieder Distrikte errichten. Distrikte können auch erweitert werden, um die Effizienz zu erhöhen, sodass nochmals mehr Möglichkeiten auf uns warten, entdeckt zu werden. Ruhigere Phasen sind im Gegensatz zu Teil 1 eine Seltenheit.

Besonders gefallen hat mir die strategische Tiefe, die sich aus den vielen verschiedenen Mechaniken ergibt. So müssen wir nicht nur darauf achten, dass unsere Stadt wächst und die Bürger zufrieden sind, sondern auch die verschiedenen Fraktionen im Blick behalten. Die politischen Entscheidungen sind komplexer als im ersten Teil, und der Rat, in dem wir Gesetze verabschieden, ist eine ständige Quelle der Spannung. Jede Fraktion hat ihre eigenen Interessen, und wir müssen geschickt verhandeln, um die notwendige Unterstützung zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um einfache Entscheidungen, sondern um langfristige Strategien.

Für experimentierfreudige Spieler bietet Frostpunk 2 zudem den offenen Modus „Utopia Builder“, in dem man endlos spielen und soziale sowie infrastrukturelle Experimente wagen kann. Hier gibt es keine starren Vorgaben – nur die Herausforderung, eine ideale Gesellschaft zu erschaffen. Dies ist eine schöne Erweiterung zu einer sehr gelungenen und fordernden Kampagne, die viele Stunden Spielspaß mit sich bringt und durch einen einstellbaren Schwierigkeitsgrad sogar Lust auf Wiederholung macht. Auch wenn es sinnvoll ist, Frostpunk 2 erst einmal recht einfach einzustellen, um einen leichteren Einstieg zu erhalten, könnte es für viel Spielspaß sorgen, das Spiel nochmals mit einem angezogenen Schwierigkeitsgrad zu starten. Nur innerhalb einer Kampagne kann der Schwierigkeitsgrad nicht gewechselt werden.

Technik

Auf technischer Ebene läuft Frostpunk 2 weitgehend stabil, zumindest auf meinem Testsystem mit einer RTX 3070Ti, 32 GB RAM und einem AMD Ryzen 7 5800x bei einer Auflösung von 1440p. Zwar sanken die FPS im späteren Spielverlauf, wenn meine Stadt massiv wuchs, doch es blieb im spielbaren Bereich. Es handelt sich hier nicht um ein Genre, das reaktionsschnelle Bilder erfordert und die Optik macht kleinere Ruckler wieder wett. Empfohlen wird im Übrigen ein AMD Ryzen 7 oder ein Intel Core i7 Prozessor mit 2,8 Ghz sowie 16 GB RAM und eine AMD RX 5700 bzw. Nvidia 2060 Super Grafikkarte – beide mit je 8 GB VRAM. Die Anforderungen sind also sehr gering, um das Spiel gut spielen zu können.

Besonders beeindruckend sind die Wettereffekte: Der Schnee sieht noch realistischer aus, und das “Eisbrechen”, mit dem man neue Wege schafft, fügt sich atmosphärisch nahtlos ein.

Die Benutzeroberfläche wurde deutlich überarbeitet und ist nun übersichtlicher gestaltet. Zwar ist das Tutorial etwas versteckt und muss über die Taste “T” aufgerufen werden, aber die Menüführung ist insgesamt intuitiv. Einzig die Pausenfunktion hat mich irritiert, da das Bild heller wird, wenn das Spiel pausiert ist, und dunkler, wenn es fortgesetzt wird – was zu einigen Verwirrungen führte.

Besonders hervorheben möchte ich die Mod-Unterstützung: Frostpunk 2 bietet mit dem Modding-Tool „FrostKit“ umfangreiche Möglichkeiten, eigene Szenarien und Karten zu erstellen. Das eröffnet der Community viel kreativen Spielraum, um neue Herausforderungen und Geschichten zu kreieren.

Fazit

Frostpunk 2 ist mehr als nur eine Fortsetzung – es hebt das Stadt-Survival-Genre auf ein neues Level. Die Einführung der Distrikte, die politische Dynamik mit den Fraktionen und die komplexen Entscheidungen, die man treffen muss, machen das Spiel zu einem tiefgründigen und anspruchsvollen Erlebnis. Es ist schwerer und komplexer als sein Vorgänger, aber gerade das macht den Reiz aus.

Der Einstieg mag sowohl für Veteranen des ersten Teils als auch für Neulinge hart sein, aber die Belohnung ist ein strategisch und erzählerisch intensives Erlebnis, das ich nicht mehr missen möchte. Auch wenn ich Frostpunk 1 sehr geliebt habe, bietet der Nachfolger so viel mehr Tiefe und Entscheidungsspielraum, dass er mich letztlich noch mehr gefesselt hat. Frostpunk 2 ist eine Weiterentwicklung in jeder Hinsicht – und das mit einem bitterkalten Biss.

0
Masterpiece
90100
Pros

Tiefgründige, moralisch fordernde Story mit spannenden Entscheidungen

Erweiterte strategische Tiefe durch Distrikt- und Fraktionssystem

Politische Dynamik mit verschiedenen Fraktionen und Gesetzen

Komplexes Ressourcen- und Stadtmanagement mit neuen Herausforderungen

Stimmungsvolle Atmosphäre und beeindruckende Wettereffekte

Mod-Unterstützung mit FrostKit für kreative Eigenkreationen

Mehrere Spielmodi, darunter Story-Modus und offener Utopia Builder

Entscheidungen haben weitreichende Konsequenzen und beeinflussen den Spielverlauf

Cons

Intuitiv gestaltete Benutzeroberfläche und überarbeitete Menüs

Einstieg kann für Neulinge schwer und überfordernd wirken

Distanzierteres Spielgefühl durch weniger Mikromanagement

Der fehlende Zoom und eingeschränkte Nähe zu den Bewohnern mindert Immersion

Gelegentliche FPS-Einbrüche bei großengwachsenen Städten

Tutorial ist etwas versteckt und könnte zugänglicher sein

Langsame Lernkurve durch die gesteigerte Komplexität

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