Jeder kennt XCOM, hat es bereits gespielt oder zumindest schon einmal davon gehört. Viele Spiele nennen mittlerweile das Gameplay von XCOM ihr eigenes, wie beispielsweise auch Phoenix Point, und das ist nicht schlecht, mit der Zeit aber auch etwas eintönig. Umso spannender ist es, dass das neuste Werk der Entwickler*innen von XCOM doch gleich kein XCOM ist, sondern Midnight Suns und nicht in einer eigens ausgedachten Welt, sondern im Marvel-Universum spielt. Wir haben hier also direkt 2 Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Wir erhalten die Storydichte und -tiefe eines Marvelwerks und gleichzeitig strategisch und taktisch aufgewertetes Gameplay von jenen, die auch wirklich Ahnung davon haben.
Aber genug drumherum geredet. Schauen wir uns die ersten vier Spielstunden von Marvel’s Midnight Suns, das übrigens am 02.12.22 erscheint, an.
In Midnight Suns starten wir erst einmal nicht mit einem langweiligen Character Editor, sondern es geht hier gleich aufs Ganze. Wir treffen von Minute 0 auf Heldencharaktere, auf Schurken und dürfen nach filmreifen Zwischensequenzen uns auch gleich ins Gefecht stürzen. Keine überzogenen Tutorials, sondern in den Kampf eingebettete Hilfen, die einen nach und nach ins Gefecht führen, aber auch nicht zu lange andauern.
Hier schlüpfen wir in die Rolle bekannter Helden, u.a. Captain Marvel, Nico, Iron Man und meinen Favoriten: Blade.
Aber all diese bekannten Gesichter sind nichts im Vergleich zu dem Charakter, um den sich alles dreht: Hunter. Wir spielen natürlich Hunter, dürfen uns das Aussehen aussuchen, die Klamotten und dabei die sehr schicke Grafik begutachten, denn im Gegensatz zu XCOM sieht Midnight Suns alles andere als in die Jahre gekommen aus.
Haben wir uns unseren Hunter erstellt, dauert es nicht lange, bis wir in den Krieg gegen Lilith ziehen, Hunters Mutter. Einen solchen Kampf hat es schon einmal gegeben, doch dieses Mal hofft Hunter, und vor allem auch die Ziehmutter Caretaker, auf eine endgültigere Lösung.
So stellen sie sich die Midnight Suns vielen Gefahren, für die sowohl die passenden Charaktere benötigt werden als auch die richtigen Karten. Im Gegensatz zu XCOM geht es dieses Mal nicht mit einem HUD einher, sondern mit Karten, die unterschiedliche Fähigkeiten auslösen. Das können einfache Schläge sein. Es können aber Karten sein, die beispielsweise dafür sorgen, dass Gegner zurückgestoßen werden oder dass nach dem Tod eines Gegners ein Aktionspunkt erhalten wird. All diese Fähigkeiten und vor allem auch die Heldenfähigkeiten, die um einiges stärker sind, können auch mit der Umgebung verschmelzen. So kann man einen Gegner zurückwerfen, der dann gegen etwas stößt und stirbt. Man kann aber auch direkt Zeitschriftenstapel und Ähnliches werfen, sliden und sogar Fässer zur Explosion bringen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Kämpfe sind dadurch unheimlich dynamisch und fühlen sich sowohl vom Gameplay her als auch von der Optik einfach gut an.
Denn wenn man gegen einen Venom kämpft, und dieser einen mit seinem symbiontischen Schleim bedeckt und man sich nicht bewegen kann, bis ein anderer Held einen rettet, dann weiß man, dass man in XCOM, ähm, Midnight Suns angekommen ist.
Erstaunlich finde ich wirklich, dass es sich wie eine Weiterentwicklung zu XCOM anfühlt. Viele, die XCOM: Enemy Unknown und XCOM 2 gespielt haben, werden sicherlich verstehen, dass XCOM ab einem gewissen Punkt monoton geworden ist. Hatte man eine gute Taktik, konnte man mit dieser einen Spaziergang durchs Spiel machen. Ob das auch noch in Midnight Suns so sein wird, bleibt noch abzuwarten.
Bisher ist es allerdings nicht so. Es kommen immer wieder neue Wellen von Gegnern, sodass man nicht den einen Spot haben kann. Man bleibt in Bewegung, nutzt die Umgebung, die Fähigkeiten und Heldenfähigkeiten. Und viel wichtiger: Auch nach Stunden konnte ich mich noch an den Fähigkeiten und ihrer Optik ergötzen. Blade zu sehen, wie er auf einen Gegner zu springt oder Captain Marvel, wie sie ihre spezielle Gestalt annimmt, ist schon einfach cool. Und wenn man zu Beginn glaubt, dass Hunter dagegen langweilig ist, der muss noch etwas länger spielen, um sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen.
Und keine Sorge: Auf eine langweilige XCOM-Basis im 2D-Verschnitt wurde hier komplett verzichtet. Man hat eine Basis, aber die kann man im Third Person-Modus besichtigen, mit den Leuten interagieren, zu den diversen Schmieden und Co. laufen oder einfach mal mit einem anderen Helden fernsehen. Wieso man das tun sollte? Einfach um den Freundschaftswert anzuheben, neue Dialoge und mehr freizuschalten. Es lohnt sich – und macht sogar Spaß.
Man kann zwar im Third Person-Modus nicht mit jeder Person immer sprechen, dafür verhalten sich die NPCs erstaunlich authentisch. Sie laufen umher, führen ihre Gespräche, die teils wirklich witzig sind und man kann einfach zuhören, Items sammeln und sich auf die nächste Schlacht vorbereiten.
Apropos Zuhören, es ist schön, dass man nicht sämtliche Origin Storys nochmals von den einzelnen Helden durchspielt. Diese erzählen einem die Story, wenn man es möchte und wenn man einen gewissen Punkt in der Freundschaft erreicht hat.
Manchmal gibt es allerdings Dialoge zu Geschehnissen, die, wenn man sie nicht aus den Comics und Co. kennt, etwas schwierig zu verfolgen sind. Ganz ohne Marvel-Kenntnisse wird es also etwas schwieriger. Aber, wenn man sich anstrengt, ein wenig nachliest, kann man das sicherlich auch bewerkstelligen. Selbst die reinen Filmkenntnisse können hier in den meisten Fällen ausreichen. Im schlimmsten Fall versteht man mal einen Gag nicht. Beispielsweise die Beziehung zwischen Venom und Spider-Man.
Trotz riesigem Einsatz von Fan-Service wird und etwas Nostalgie aus XCOM, wird man in diesem Spiel auch dann fündig, wenn man beides nicht ganz so gut kennt.
Bislang fühlt sich Midnight Suns für mich sogar besser als XCOM an. Es bleibt strategisch und taktisch, bietet mehr Möglichkeiten, mehr Eingreifen seitens des Spielers/der Spielerin und sieht dazu auch noch richtig schick aus. Zur Performance werde ich erst etwas sagen, wenn der Day One Patch erschienen ist.
Midnight Suns überzeugt mich bisher und ich freue mich, es noch etwas weiter spielen zu können.
Wir bedanken uns herzlich für den Vorabzugang zum Spiel und die damit verbundene Gelegenheit, eine Vorschau schreiben zu können.