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Was lange währt wird endlich gut? Biomuntant wurde auf der Gamescom 2017 angekündigt und konnte dort einiges an Aufmerksamkeit generieren. Der geplante Release im Jahr 2020 konnte nicht eingehalten werden, doch am 25.5.2021 ist es nun endlich soweit. Kann das erste Spiel der Schweden von Experiment 101 mit anderen Open World Spielen mithalten? Oder macht es gar einige Dinge besser? Schauen wir uns das doch mal an.
Das Ende ist nahe… Schon wieder!?
Biomutant spielt auf der Erde. Um genau zu sein: auf der Erde nach dem Ende der Menschheit. Umweltverschmutzung und das Ausbeuten der Erdressourcen besiegelten das Ende der Menschheit. Doch das Leben blieb der Erde erhalten und so überlebten einige Tiere, die nun die neue Welt beheimaten. Allerdings sind diese Tiere nicht so, wie wir sie kennen. Durch die verschmutzte Umwelt änderte sich nämlich die DNA der Tiere und so mutierten diese zu neuen und auch intelligenteren Arten. Doch diese neue Welt sieht sich nun wieder dem Ende nahe. Denn der sogenannte Lebensbaum wird von fiesen Weltenfresser angeknabbert und dieser wird dadurch immer schwächer. Nun ist es eure Aufgabe, das zu verhindern… Oder auch nicht. Denn in Biomutant entscheidet ihr, was mit der Welt passieren soll. Wollt ihr alle retten? Wollt ihr nach dem Gesetz des Stärkeren handeln und die Schwachen und Hilflosen dem Ende überlassen? Tut was ihr für richtig haltet. Denn am Ende ist das Richtige manchmal falsch und das Falsche manchmal richtig.
Was willst du sein? Ein Ninja? Ein Scharfschütze? Gut oder böse?
Doch bevor wir uns in die Welt von Biomutant stürzen, müssen wir unseren Charakter erstellen. Hier können wir einstellen, wie unser Mutant aussehen und was er können soll. Wollt ihr eher aus der Ferne agieren oder doch lieber nur mit euren Fäusten auf eure Gegner einprügeln? Oder wie wäre es mit einem Char, der mit Psi-Kräften gegen seine Gegner vorgeht? Sucht euch aus, was euch zusagt, aber habt auch keine Angst, was Ausgefallenes zu wählen. Denn falls es euch nicht gefällt, könnt ihr im Laufe des Spiels ohnehin in eine andere bzw. in mehrere Richtungen skillen. Ihr legt am Anfang lediglich fest, wie ihr beginnen wollt, verbaut euch dadurch aber überhaupt nichts. Denn Biomutant ist ein wasch(bär) echtes (lol… sorry!) Action RPG. Ihr levelt euren Charakter, verteilt mehrere Skillpunkte, die ihr in Attribute steckt, oder um Fähigkeiten zu lernen. Das ist alles sehr einfach gehalten und doch recht umfangreich. Diese Balance weiß zu überzeugen und man kann nicht genug betonen, wie gut Experiment 101 das RPG System gestaltet hat. Denn alte RPG Hasen wie auch Neulinge werden hier ihren Spaß daran haben, sich ihren Charakter aus- und aufzubauen.
Wenn das erledigt ist, konfrontiert euch das Spiel schon mit dem nächsten Hauptthema des Spiels. Steht ihr eher auf der dunklen Seite oder seht ihr euch mehr im Licht? Diese Frage wird euch auf eurer Reise immer wieder begegnen und hat auch Auswirkung, wie ihr auf die Bewohner*innen dieser neuen Welt wirkt. Die Frage nach dem Hell oder Dunkel ist aber eine relative Sache in diesem Spiel. Denn was für den einen gut ist, kann für den anderen schlecht sein. Das eigentlich Wichtige an diesem System ist, dass ihr ein Licht bzw. Dunkel Level habt. Je nachdem, wie diese Level ausschlagen, könnt ihr bestimmte Fähigkeiten erlernen oder auch nicht. Als Beispiel könnt ihr einen Dash, der Feuerspuren hinterlässt und Gegner verbrennt, nur erlernen, wenn ihr ein gewisses Lichtlevel habt. Seid ihr eher auf dem dunklen Pfad unterwegs, könnt ihr diesen Skill nicht erlernen. Aber natürlich habt ihr dann andere Möglichkeiten, die auch nicht zu verachten sind. Den Weg, den ihr einschlagt, verstärkt sich durch eure Taten. Zum Beispiel gibt es 6 verschiedene Stämme in der Welt von Biomutant. 3 wollen die Welt retten und die anderen 3 wollen das Ende der Welt, wie man sie kennt. Ihr könnt euch diesen Stämmen anschließen und die anderen Stämme bekämpfen, die anderen Stämme erledigen oder versuchen, Frieden zu schließen. Je nachdem, wie ihr handelt, steigt ihr im Licht oder Dunkellevel auf. Auch findet ihr Schreine, wo ihr beten könnt, um euer Level zu steigern. Und was auch gesagt werden sollte, ist, dass euer gewählter Weg auch bestimmt, wie NPCs mit euch reden und interagieren. Dieses System klingt erst einmal komplexer, als es wirklich ist, gibt dem Spiel aber eine gewisse Würze, die man so nicht oft hat.
Looten und Leveln, Ballern und Prügeln und und und
Neben dem Leveln und Skillen gehört natürlich auch eine ordentliche Portion Looten dazu. Und meine Güte, hier macht das Looten sehr viel Spaß. Das hat einen bestimmten Grund. Denn natürlich könnt ihr Waffen finden und auch Kleidungsstücke für sämtliche Körperteile, aber das wichtigste sind Crafting-Materialien. Das sind zum einen Sachen wie: Plastikmüll, Gummimüll, Elektromüll etc. Diese Materialien sind immer die Grundbasis für alles, was ihr craften wollt. Diese findet ihr in der Welt verteilt und sind vor allem aufgetürmt zu finden.
Die anderen Materialien sind Teile wie Klingen, Abzüge, Schäfte usw., die in Stufen wie normal bis legendär eingestuft sind. Alle haben diverse Eigenschaften wie: Schadensart, Resistenzen und so weiter. Das alles kennt man ja aus anderen RPGs. In Biomutant jedoch fühlt sich das Bauen und Verbessern aber deutlich wichtiger an als in anderen Genre-Vertretern. Denn auch wenn ihr fertige und gute Waffen findet bzw. als Belohnung bekommt, so könnt ihr diese durch Verbesserungen noch stärker machen. Oder ihr lasst das und baut euch eure eigenen Waffen und Rüstungsteile, die oft sogar noch besser sind. Davon abgesehen ist es sehr befriedigend, eine Waffe zu nutzen, die ihr selbst erstellt habt.
Bei den Rüstungen ist es dasselbe. Hier ist es allerdings wichtig, auch auf die Resistenzen zu achten. Denn in der Welt von Biomutant gibt es Gebiete, die z.B. stark verstrahlt, kalt, heiß etc. sind. Diese Gebiete könnt ihr nur mit den geeigneten Klamotten betreten. Das bedeutet, dass auch z.B. eine Hose mit geringem Rüstungswert sehr gut sein kann, weil sie möglicherweise eine hohe Strahlenresistenz hat. Aber natürlich könnt ihr ein geliebtes Kleidungsstück so modifizieren und verbessern, dass ihr es auch in Gefahrengebieten nutzen könnt. Diese ganzen Dinge findet ihr vor allem in den Ruinen der verschwundenen Menschen. Um an diese zu kommen, müsst ihr Schalterrätsel lösen (die leider oft zu simpel sind) und versteckte Wege finden. Wer also gerne die Spielewelt erkundet und alles finden will, wird in Biomutant sehr glücklich werden. Aber auch Erkundungsmuffel finden hier eine Motivation, sich die verlassenen Ruinen anzuschauen.
Waffen und Rüstung machen aber ja nur Sinn, wenn man diese auch nutzen kann. Und ja, ihr werdet sie nutzen. Sehr oft sogar. Denn die Action ist ein wesentlicher Bestandteil des Spiels. Und das Kampfsystem ähnelt ein wenig das eines Devil May Cry. Schnelle Attacken mit dem Schwert und direkt auf den nächsten Gegner mit einer MP ballern? Kein Problem! Schnelles Ausweichen und eine Spezial-Attacke starten, die ihr erlernt habt? Kein Problem. Die Kämpfe machen einfach nur Bock und das Kampfsystem ist sehr einfach zu handeln und doch variantenreich genug, um jedem etwas zu bieten. Das ist natürlich auch wichtig, denn wie schon gesagt, ihr werdet sehr oft kämpfen. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es hier allerdings: Die Kamera kommt manchmal nicht schnell genug hinterher. Das sorgt ab und an dazu, dass ihr kurz die Übersicht verliert. Das ist zwar meist recht schnell vorbei, aber kann in brenzligen Situationen schon mal für ein kurzes „genervt sein“ sorgen.
Eine Open World und ihre Technik
Open World sind ja immer so eine Sache. Sind sie zu groß, zu leblos oder vielleicht sogar zu klein? Diese Frage stellt sich in Biomutant überhaupt nicht. Die Welt ist nämlich nahezu perfekt, was ihre Größe und Erkundungsmöglichkeiten betrifft. Egal, wo ihr seid oder wo ihr hinmüsst, es gibt immer was zu sehen. Ein Dorf hier, eine Ruine dort, dann mal wieder eine weite grüne Fläche und dann direkt in einen dichten Wald. Überall gibt es was zu sehen und/oder zu tun, ohne dabei einen zu erschlagen. Das bedeutet so viel, dass die Open World schon eine gute Größe hat, aber alles wie aus einem Guss wirkt und alles relativ schnell erreichbar ist. Egal, ob ihr lieber Schnellreise nutzt (die Schnellreisepunkte müssen aber erst aktiviert werden), durch die Landschaft spaziert oder ein Reittier nutzt, ihr werdet immer in kürzester Zeit zu eurem Ziel kommen und dabei wieder auf neue interessante Punkte stoßen. Daher empfehle ich euch wirklich die Schnellreise nur dann zu nutzen, wenn der Weg ein bereits bereister ist. Sonst könnte euch nämlich etwas entgehen. Im Laufe des Spiels schaltet ihr auch noch weiter Reisemöglichkeiten frei, wie z.B. eine Art Jet Ski, mit dem ihr wieder neue, vorher unerreichbare Gebiete erkunden könnt. Was aber leider den Gesamteindruck trübt, sind die sich immer wiederholenden Missionsarten. Besorge dies, besorge das. Gehe zu Kollegen X, um dann mit Kollegin Y zu reden. Gerade gegen Ende des Spiels wird das doch leider etwas zu eintönig. Dies wird durch die gelungene Story wieder etwas relativiert. Denn auch wenn die Missionsarten sich immer wieder wiederholen, so spielt man dann doch aus Interesse, wie es weiter geht, weiter.
Technisch kann man bei Biomutant auch nicht viel motzen. Gerade bei der getesteten PC Version sieht die Welt und auch die Figuren sehr gut aus. Man spürt an manchen Ecken zwar, dass es noch für PS4 und Xbox One entwickelt wurde, muss sich aber wirklich nicht verstecken. Die Framerate bleibt stets stabil und auch die Farbgebung ist sehr gut gelungen. Der Tag/Nachtwechsel ist super und auch das dynamische Wetter macht einen guten Job. Auch die Comic Effekte bei den Kämpfen fügen sich super in den Look des Spiels ein. Lasst euch aber nicht von dem bunten Style trügen. Denn Biomutant kann auch sehr düster und dreckig daher kommen. Und auch in diesen Fällen sieht das Spiel nicht minder schlecht aus.
Soundtechnisch ist das Spiel leider nicht so gut aufgestellt. Nicht falsch verstehen, die Musik passt und nervt nicht. Auch die Umgebungsgeräusche passen und fügen sich super ins Spiel ein. Das größte „Problem“ hat das Spiel bei der Sprachausgabe. Im Prinzip hört ihr im Spiel gerade mal 3 Stimmen. Die eures Gewissen (also die dunkle und die helle Seite), das sich ab und an streitet und die Stimme des Erzählers. Das komplette Spiel wird nämlich von einem Geschichtenerzähler kommentiert. Dieser übersetzt auch die Geräusche, die die Bewohner von Biomutant von sich geben. Das ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal, aber kann manchmal auch etwas nerven. Gerade wenn ihr unterwegs seid und der werte Herr meint, mal wieder einen seiner One Liner vom Besten zu geben. Am Anfang ist das noch nicht schlimm, allerdings wiederholen sich diese Sprüche sehr schnell. Aber keine Sorge, man kann in den Optionen den Erzähler auch bremsen und dafür sorgen, dass er nur spricht, wenn er es auch wirklich muss.
Fazit
Biomutant ist ein Action RPG das nicht wirklich viel neu macht. Dafür aber alles gut bis sehr gut. Die Open World ist nicht zu groß und hat dennoch genug zu Erkunden. Die Geschichte ist spannend und bietet einen Wiederspielwert, da ihr verschiedene Wege einschlagen könnt. Das Kämpfen und Craften macht Spaß, das Ausbauen und Skillen eures Chars weiß zu gefallen und doch hat es einige kleinere Macken, die man leider nicht wegreden kann. Sei es das eintönige Missionsdesign, die manchmal etwas nervige Kamera bei den Kämpfen oder das Geplapper des Erzählers. Nichtsdestotrotz kann ich Biomutant nur empfehlen. Auch Open World-Muffel werden hier ihren Spaß haben und Action RPG Fans sowieso.
Sehr gelungene Open World
Spannende Story
Spaßiges kampf, loot und crafting System
eintöniges Missions Design
Kamera bei Kämpfen manchmal etwas störend
Der Erzähler nervt an manchen stellen