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Viele Vampir-Spiele gibt es momentan nicht und wenn es sie gibt, sind es in der Regel Actionspiele. »Immortal Realms: Vampire Wars« macht dabei die Ausnahme, nimmt das Vampir-Setting und packt es in ein Strategiespiel. Wie gut das funktioniert, klären wir in den nächsten Minuten auf.
Menschen sind böse. Schlachten wir sie ab!
»Immortal Realms: Vampire Wars« beginnt recht harmlos. Die Dracul, welche vom namensgebenden Herrscher Dracul geführt werden, machen sich auf den Weg. Die Menschen überschreiten ihre Grenzen, zünden Dörfer an und plündern und besetzen, was das Zeug hält. Der Herrscher schaut sich dies nicht lange an und sobald sein treuer Gefährte den ersten Bericht erstattet, möchte er sich schon auf den Weg machen.
Seine Gefährtin Cecilia ist aber ebenfalls stark und bietet an, das Ganze in die Hand zu nehmen. Sie schnappt sich ein paar Dünnblüter aka sehr schwache Vampire und zieht mit diesen in den Krieg.
Selbst ist Cecilia ein Hauptmann oder in diesem Fall eine Hauptfrau. Sie ist stärker als ihr kompletter Trupp zusammen, hat mehr Lebensenergie und teilt sehr viel härter aus. Ganz so, wie es sich für die Braut des Obervampirs eben gehört.
Währenddessen ihre Kampfgefährten teils im Nahkampf mit Speeren zustechen und im Nahkampf den Feind mit Pfeilen bestücken, nutzt sie ihr Schwert, um zuzuschlagen. Damit kann sie sich auch noch heilen, sodass die Feinde selten eine Chance haben. Manchmal reicht es sogar aus, nur mit Cecilia allein die gegnerischen Heere auszuschalten. Immerhin kann man die Lords, die man steuert auch aufleveln und noch stärker werden lassen. Das Leveln wird übrigens immer wichtiger, denn mit dieser Funktion bestimmt man am Ende auch, welche Einheiten man rekrutieren kann.
Runde für Runde ziehen wir über’s Land
Doch bis sie zum eigentlich Problemfeld ausschreitet, muss sie erst noch das ein oder andere Feld überqueren. Auf einer Karte können Spieler*innen mit je 2 bis 3 Aktionspunkten voranschreiten und neue Gebiete erkunden. Mal gibt es eine Schmiede für Rüstzeug, mal eine Bibliothek für neue Karten (mehr dazu gleich) und mal kann man an einem Wunschstein seine Truppen stärken. Ist man an einem Dorf oder einer Stadt angelangt, kann man das Blut der Dorfbewohner trinken, um den Trupp wieder zu stärken.
Geht man noch einen Schritt weiter, kann man diese für Blutpunkte töten. Blutpunkte sind dabei die Währung des Spiels, die für den Einsatz der Karten benötigt werden.
Noch ein Kartenspiel? Keineswegs!
Gut, kommen wir doch an dieser Stelle schon zu den Karten. In bestimmten Zyklen, mit Abschließen von Quests oder durch Betreten von Bibliotheken erhält man Karten. Diese Karten können neue Einheiten erschaffen, Währung in Form von Blutpunkten generieren oder auch mal Einheiten heilen. Die Einsatzgebiete sind zuerst stark begrenzt, werden doch immer taktischer und schwieriger. Im Kampf kann man ebenfalls Karten einsetzen, die verbrauchen dann allerdings Mana. Mit diesen kann man Feinde angreifen, den Lord heilen oder manchmal auch einfach einen Schutzschild um Einheiten errichten. Auch hier wird im Laufe des Spiels immer mehr geboten.
Hat man nicht gerade Dörfer und Städte erobert, kann man auch mal in eine Bestienhöhle laufen. Hier müssen Spieler*innen Acht geben, denn die Bestien sind in der Regel sehr stark. Sie haben besondere Fähigkeiten, können sich schnell über die Map bewegen, stark zuschlagen und ganz ganz schnell alle Einheiten dezimieren – sogar die übermächtige Cecilia kann da nicht lange gegen ankommen.
Doch Bestien sind nicht das einzige Problem. Kleinere Vampirjägerinheiten jagen Spieler*innen. Immer dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, sind sie zur Stelle und vernichten alles, was nicht gut geplant ist. Man hat in so einer Situation zwei Möglichkeiten: Das Gefecht kann automatisch verlaufen. Mit einem Klick ist alles vorbei. Die Siegchancen werden angezeigt und man kann entscheiden, ob eine „wahrscheinliche Niederlage“ wirklich im Auto-Modus Sinn macht.
Oder man gibt alles. Man zieht in die Schlacht und gewinnt manuell. Auch wenn die Chancen schlecht aussehen, sollte man es zumindest probieren. Manchmal ist eine gute Positionierung der Einheiten alles. Manchmal sind die richtigen Karten auch alles.
Rundebasierter Kampf mit Karten, Toden und sehr viel mehr
Das Spielfeld besteht aus Feldern, auf denen teils Brunnen mit unterschiedlichen Boni stehen oder Felder, die einfach von Bäumen und Hindernissen gesäumt und somit nicht betretbar sind. Gut eingesetzt, kann eine solche Stelle gegenüber einer Übermacht an Gegnern sogar sinnvoll sein.
Man zieht abwechselnd. Mal darf der Gegner, mal die eigenen Truppen – je nachdem, wer mehr Initiative hat.
Zu Beginn hat man noch sehr einfache Einheiten und auch einfache Gegner, die meist mit zwei bis drei Zügen zu bewältigen sind. Es wird aber schwieriger und die Gegner können immer mehr. Sie können sich heilen, sie können tanken, sie können hart zuschlagen und sie wissen, wie man schnell flankiert. Mit einer halben oder vollen Flanke lässt es sich auf beiden Seiten besser zuschlagen.
Wird es mal eng, benutzt man Karten, die Lebensenergie regenerieren, Feinde um den Lord herum vernichten oder einfach nur ein wenig aushelfen.
Der Feind hat aber auch Karten und setzt sie immer häufiger, gezielter und besser ein.
Am oberen rechten Bildschirmrand gibt es zusätzliche Randbedingungen. Hat man eine gewisse Anzahl an Schaden verrichtet, bekommt man Boni. Die Boni und auch die Bedingungen variieren dabei von Mal zu Mal, sodass es nicht langweilig wird. Der Gegner hat auch in diesem Fall die gleiche Vorgehensweise. Seine Boni werden uns ebenfalls angezeigt, sodass noch ein bisschen mehr taktische Tiefe entsteht.
Kommt es mal hart auf hart und stirbt der Lord mitsamt seinem Gefolge wird es schwierig. Man braucht Blutpunkte und vor allem Einheitenkarten, um ein Gefolge aufzubauen. Hat man eines von Beidem nicht, muss man improvisieren, weiter erkunden und natürlich den Vampirjägern entkommen.
Zu schwer? »Sekiro« all over again?
»Immortal Realms: Vampire Wars« beginnt sehr einfach. Alles ist sehr übersichtlich und jede Schlacht nur ein Schulterzucken wert. Der Einstieg ist einfach, doch das Meistern ist hart. Je weiter man kommt, desto härter wird es. Hat man nicht aufgepasst, war es das eigentlich schon und da hilft manchmal auch nur das erneute Laden. Meiner Meinung nach ist das aber kein Negativpunkt. Es ist gut, wenn ein Spiel fordert und von Spieler*innen verlangt, sich mit den Mechaniken auseinanderzusetzen. Außerdem ist mit einem „Tod“ ja auch nicht alles vorbei. Es gibt einige Möglichkeiten. Wem dieser selbst gewählte „Iron Man-Modus“ nicht zusagt, der kann ja immer noch neu laden. Es gibt Möglichkeiten und solange es Möglichkeiten gibt, kann ein Spiel nicht als zu schwierig, sondern vielmehr als fordernd bezeichnet werden.
Wir reden nicht über die Story
Im Spiel werden insgesamt drei Kampagnen behandelt, die aus Gründen von Spoilern nicht beschrieben werden. Lediglich die erste Kampagne wurde zu Beginn leicht erläutert, in der es um Cecilia und Dracul selbst geht.
Insgesamt geht es um Rache und alles ist in jeder Kampagne ganz nach Vampirart düster gehalten. Die Geschichte ist nicht die kreativste, doch hat sie ihren Reiz und man möchte dann doch wissen, wie es weitergeht.
PC-Version im »PC-Master-Race«-Test
Die PC-Version lässt sich dabei genauso steuern, wie man es aus anderen Strategiespielen kennt. Linke Maustaste, rechte Maustaste und hier und da mal die Kamera steuern und anklicken. Die Steuerung ist sehr immersiv, gelungen und man weiß einfach, was man machen muss und wie man dort hinkommt, wo man hin möchte. Manchmal knackt die Framerate etwas ein, doch das sind noch Kinderkrankheiten, die mit Patches und Co. bestimmt noch gefixt werden. Insgesamt macht die PC-Versionen einen sehr guten Eindruck. Die Grafik selbst ist leider nicht die hübscheste, wobei die Zwischensequenzen schlechter aussehen als das Hauptspiel. Es fehlen Gesichtsanimationen, Details und vieles mehr, sodass es in Richtung PS3-Niveau geht. Doch die Zwischensequenzen sind selten und wollen etwas Anderes vermitteln als schlichte Action und Augenwischerei, demnach kann man hier ein Auge – oder besser zwei, um sicher zu gehen – zudrücken.
Kuschelige Vampir-Couch-Feelings mit der PS4-Version
Die PlayStation 4-Version ist da schon eine andere Hausnummer. Die Steuerung ist ebenfalls recht immersiv. Viele Steuerungsoptionen sind bereits bekannt. Die Taste „X“ ist besonders wichtig und die Kamera bewegt man bequem mit den Analog-Sticks. Der Kritikpunkt an „bequem“ ist leider auch langsam und unpräzise. Stehen zwei Einheiten nebeneinander, wird es manchmal schon leicht fummelig. Dabei kann man das Kartenmenü schnell aufrufen, doch man muss die Karte dann erst einmal dahin „legen“, wo man sie haben will und hier sind wir schon wieder bei fummelig. Die Steuerung ist für ein Strategiespiel wirklich gelungen und sogar innovativer als die von einem »XCOM«, dennoch ist sie nicht perfekt und fühlt sich nicht ganz so gut an, wie die Steuerung auf dem PC.
Klein aber fein auf der Nintendo Switch
Nun kommt die Nintendo Switch-Version. Diese war für mich die interessanteste Version. Kann so ein Spiel auf dem kleinen Handheld bestehen? Gut, es gibt einen Docked-Modus, aber um ehrlich zu sein, ist dieser eher ein nettes Beiwerk. Denn wenn ich auf dem Fernseher spielen möchte und auch an einer Konsole, würde ich wohl eher zur PS4-Version greifen.
Die Nintendo Switch-Version nimmt die nicht ganz so schöne Grafik und verpackt sie in einer Auflösung, die sehr niedrig ist. Könnte nun negativ sein, wenn es dadurch nicht sogar etwas besser aussehen würde. Durch die niedrige Auflösung sieht das Ganze nämlich mehr nach seinem Grafikstil und weniger nach mangelnder Design-Qualität aus. Die Performance ist auf der Switch sowie auch auf der PS4 sehr geschmeidig und gleichbleibend. Was auf der PS4 allerdings „fummelig“ war, wird hier noch schwieriger. Der Bildschirm ist kleiner und somit ist auch das präzise Anklicken von Einheiten sehr schwierig. Wenn man beispielsweise auf der großen Karte seine Einheiten von A nach B schieben möchte, ist oft eine Beschreibung des Dorfs oder Ähnliches im Weg. Dann heißt es schieben, drücken und nochmals schieben, um die Einheit endlich anzuklicken. „Fummelig“ wäre an dieser Stelle ein Lob, das ich nicht aussprechen kann.
Welche Plattform weiß zu überzeugen?
Seine Vorteile hat jede Version des Spiels. Die Nintendo Switch eignet sich für Bahnfahrten oder langweilige Familienessen und bringt mehr Flexibilität mit sich. Das Taktieren und auch das Erleben der Geschichte wird durch Steuerungsprobleme nicht unbedingt eingeschränkt. Die PS4-Version ist der absolute Sofa-Favorit, der einen gemütlichen und dennoch anspruchsvollen Abend mit Vampiren unterstreicht. Die PC-Version macht soweit alles richtig. Sie ist geschmeidig (mal ausgenommen kleinerer Bugs und Performance-Probleme), lässt sich gut steuern und gibt somit am meisten her. Dennoch: Macht einem das Spiel Spaß und kennt man nicht die jeweils andere Version, kann man keinen Fehlkauf tätigen. Für all jene, die »Total War« zwar interessant und cool finden, denen es aber zu schwierig ist, könnte »Immortal Realms: Vampire Wars« auf der bevorzugten Plattform genau das Richtige sein – auch auf der Nintendo Switch.
Mit einem Kostenpunkt von knapp 60 Euro erhält man ein großes, stimmiges Gesamtpaket mit sehr vielen Inhalten und Wiederspielwert.
Viele strategische und taktische Elemente
Setting passt perfekt ins Genre
Karten sehr gut und ungezwungen eingebunden
Total War-Feeling, nur einsteigerfreundlicher
Story etwas dünnblütig
Hat man die falschen Karten... hat man ein Problem
Die Grafik lässt zu wünschen übrig, ist aber auch nicht vordergründig