No Sleep For Kaname Date – From AI: THE SOMNIUM FILES (Nintendo Switch) im Test

Spike Chunsoft ist bekannt für abgedrehte Visual Novels, clevere Puzzle-Elemente und Charaktere, die so schräg und überzeichnet sind, dass man sie entweder lieben oder völlig abdrehen möchte. Mit No Sleep For Kaname Date bringt der japanische Entwickler ein weiteres Kapitel aus dem AI: THE SOMNIUM FILES-Universum auf die Nintendo Switch — ein Spiel, das erneut tief in die Gedankenwelt anderer abtaucht und mit einem ebenso schlüpfrigen wie verschrobenen Humor kokettiert. Ich habe das Spiel getestet und verrate euch, warum es ein Nischenspiel bleibt, aber gerade deshalb so viel Charme versprüht.

Ein Special Agent mit frechem Mundwerk

Ihr übernehmt die Rolle von Kaname Date, Special Agent bei der Advanced Brain Investigation Squad (ABIS) und professioneller Sprücheklopfer mit einer Vorliebe für schlüpfrige Magazine. Date ist ein sogenannter Psyncer, jemand, der mit der Psync-Maschine in die Träume anderer Menschen eintauchen kann. Dort versucht er Informationen aus dem Unterbewusstsein seiner Verdächtigen und Zeugen zu kitzeln.

Wer die Vorgänger kennt, weiß: Das läuft selten nach Plan. Statt nüchterner Ermittlungsarbeit erwarten euch schräge Traumwelten, Logikrätsel und jede Menge abgedrehter Momente.

An seiner Seite: Aiba, eine künstliche Intelligenz in Form eines sprechenden Auges, das nicht nur bei der Spurensuche hilft, sondern auch die Sprücheklopferei von Date munter kontert. Mit ihr betritt man die sogenannten Somnia — die Träume der Verdächtigen. Hier wird kombiniert, analysiert und manchmal auch einfach nur der Irrsinn der menschlichen Psyche bestaunt.

Natürlich dürfen in allen Abschnitten auch Entscheidungen getroffen werden, um das Ganze etwas aufzulockern – oder an so mancher Stelle spannender zu gestalten.

Von Entführungen und Alien-Verschwörungen

Die Geschichte beginnt mit der Entführung von Iris Sagan, auch bekannt als A-Set, die Fans der Reihe längst ins Herz geschlossen haben dürften. Iris glaubt fest an Reptilienmenschen und Außerirdische — und genau in diese Richtung scheint es zu gehen. Entführt, vermeintlich von Aliens, ist es an Date, ihr Verschwinden aufzuklären und herauszufinden, ob vielleicht doch eine menschliche Verschwörung dahintersteckt.

Das Besondere: Diesmal kann man auch selbst in die Rolle anderer Charaktere schlüpfen. In speziellen Escape-Room-Segmenten löst ihr als Iris und später als weitere Figuren verschiedene Rätsel. Ob mit Häschen-Ohren oder ohne — die Aufgaben reichen von simplen Klick-Puzzles bis hin zu cleveren Kombinationsrätseln, bei denen ihr Spielfiguren auseinanderschrauben oder kleine Zahlenrätsel knacken müsst.

Drei Spielarten, eine Geschichte

No Sleep For Kaname Date kombiniert mehrere Spielmechaniken: klassische Visual-Novel-Abschnitte, Point-and-Click-artige Ermittlungssequenzen, surreal-bunte Somnium-Rätsel und besagte Escape-Room-Passagen. Der Wechsel zwischen diesen drei Elementen funktioniert erstaunlich gut und sorgt für Abwechslung, auch wenn die Umgebungen dabei stark begrenzt bleiben. Die meisten Orte sind winzige Levels, in denen ihr lediglich drei bis fünf Hotspots anklicken könnt. Für mehr reicht es nicht — das ist schade, macht die Spielwelt aber immerhin übersichtlich.

Im Somnium selbst bewegt ihr euch hingegen freier. Mit Aiba erkundet ihr labyrinthartige Traumlandschaften, entschlüsselt Symbole und kombiniert Hinweise, um das Bewusstsein der betroffenen Person zu entschlüsseln. Dabei läuft meist ein Zeitlimit mit — eine Mechanik, die in manchen Situationen für Spannung sorgt, in anderen aber unnötig Druck aufbaut. Besonders wenn es story-technisch keinen Grund für die Zeitbegrenzung gibt, wirkt das eher störend als sinnvoll.

Sprecher:innen und Sounddesign

Ein echtes Highlight des Spiels sind die hervorragenden Sprecher:innen. Im englischen Original leihen unter anderem Greg Chun (Kaname Date), Jackie Lastra (Iris Sagan) und Kaiji Tang (Moma Kumakura) den Charakteren ihre Stimmen. Die japanische Synchronfassung steht dem in nichts nach. Gerade in den vielen, teils sehr albernen Dialogen tragen die Sprecher:innen einen Großteil der Atmosphäre. Ob Kaname wieder über ein schlüpfriges Magazin schwadroniert oder Iris über die neusten Alien-Theorien sinniert — hier passt Tonfall und Timing.

Technische Schwächen auf der Switch

Technisch ist das Spiel auf der Nintendo Switch eine kleine Wundertüte. Im Handheld-Modus sieht alles gut aus: Schöne, detailreiche Anime-Figuren, farbenfrohe Traumwelten und stabile Bildraten. Im Docked-Modus hingegen leidet das Spiel unter sichtbarer Unschärfe und einer eher mauen Auflösung. Besonders in den Menüs und während der Dialoge fällt das auf. Dazu kommt eine etwas unglückliche Steuerungsüberlagerung: Wer etwa mit den Pfeiltasten durch ein Tutorial blättert und gleichzeitig eine Entscheidung treffen soll, riskiert ungewollte Auswahlaktionen. Kein Gamebreaker, aber nervig.

Humor, der polarisiert

Fans der Serie wissen: AI: THE SOMNIUM FILES-Spiele sind bekannt für schlüpfrigen, manchmal grenzwertigen Humor. No Sleep For Kaname Date bleibt dieser Linie treu, allerdings ohne zu übertreiben. Kaname flirtet hemmungslos mit allem, was zwei Beine hat, wirft gerne zweideutige Sprüche ein und kommentiert selbst in lebensbedrohlichen Situationen mit einem frechen Lächeln. Wer damit nichts anfangen kann, wird sich hier schnell die Haare raufen. Für Fans der Reihe ist das aber ein wichtiger Bestandteil des Charmes.

Fazit

No Sleep For Kaname Date ist ein schräges, charmantes und in vielen Momenten herrlich albernes Detective-Adventure, das seine Nische kennt und sich darin pudelwohl fühlt. Es lebt von seinen Dialogen, seinem abgedrehten Setting und dem cleveren Wechsel zwischen Detektivarbeit, surrealen Traumrätseln und Escape-Passagen. Technisch schwächelt es auf der Switch im Docked-Modus und ein paar Designentscheidungen wie das Zeitlimit oder überladene Steuerung trüben den Spielspaß. Doch wer AI: THE SOMNIUM FILES liebt, bekommt hier genau das, was er erwartet: Mystery, Humor und ein bisschen Perversion.

No Sleep For Kaname Date – From AI: THE SOMNIUM FILES (Nintendo Switch) im Test
Charaktertiefe und Entwicklung
9
Spannung und Verlauf der Handlung
8.5
Steuerung und Bedienkomfort
7
Abwechslung im Gameplay
9.5
Schwierigkeitsgrad und Balancing
10
Detailgrad und Animationen
8
Performance (Framerate, Ladezeiten)
7.5
Rätselmechaniken
7.2
Das hat mir Gefallen
Clever verzahnte Mischung aus Visual Novel, Detektivspiel, Somnium-Rätseln und Escape-Room-Passagen
Schräge, charmante und sympathisch abgedrehte Charaktere
Hervorragende Sprecher:innen in englischer und japanischer Fassung
Witziger, teilweise schlüpfriger Humor mit typischem Spike Chunsoft-Charme
Interessante Rätsel-Mechaniken und kreative Traumwelten
Gute Anpassungsmöglichkeiten beim Schwierigkeitsgrad
Stimmige Anime-Optik im Handheld-Modus
Das war nicht so gut
Im Docked-Modus deutlich unscharfe Auflösung und schwache Grafik
Überladene Steuerung in einigen Menüs und Tutorials
Zeitlimits wirken in manchen Abschnitten unnötig stressig
Sehr lineare Locations abseits der Somnia und Escape-Räume
Humor und Nischen-Thema nicht für jede:n geeignet
8.3