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Assassin’s Creed Mirage (PC) im Test

Assassin’s Creed Mirage (PC) im Test

Der Vorteil einer so großen Spielereihe wie Assassin’s Creed ist, dass man sich zum einen darauf verlassen kann, dass regelmäßig neue Ableger erscheinen. Zum anderen kann man sich darauf einstellen, dass das selbst der schlechteste Ableger weit über dem Durchschnitt liegt, was Grafik, Gameplay und in der Regel auch Story angeht. Doch wie sieht es eigentlich mit „Assassin’s Creed Mirage“ aus? Kann es ebenfalls überzeugen, wenn gar, überraschen?

Seit „Assassin’s Creed Origins“ hat sich die Assassin’s Creed-Reihe verändert: Die Spielwelten sind größer, die Nebenaktivitäten zahlreicher und das Gameplay actionlastiger geworden. Von den „Origins“ war nur noch sehr wenig bis gar nichts zu spüren. Als „Assassin’s Creed Valhalla“ dann auch noch im Wikinger-Zeitalter gespielt hat und Eivor sich durch die Massen von Gegnern, manchmal auch mit seiner/ihrer kompletten Crew gemetzelt hat, war nur noch wenig des eigentlichen Charmes zu spüren. Es wurde etwas Neues probiert und dieses Neu war auch nicht schlecht – nur halt komplett anders. Mit „Assassin’s Creed Mirage“ soll es nun zu den Ursprüngen gehen. Allein das Setting Bagdad ist da schon vielversprechend und auch die ersten Trailer, die das Parkour-System, Attentate und „Die Verborgenen“ in den Fokus genommen haben, zeigten, dass „Mirage“ dazu in der Lage sein könnte.

Ob „Assassin’s Creed Mirage“ wirklich zu seinen Ursprüngen zurückgefunden hat, ob es das vermisste und gefeierte Gameplay auf moderne Plattformen anpassen konnte und natürlich, ob es mit seinem etwas schlankerem Umfang punkten kann, klären wir jetzt.

Ein ausgeklügelter bekannter Protagonist entwickelt sich weiter

Der Protagonist Basim ist bereits aus „Assassin’s Creed Valhalla“ bekannt. Im letzten Teil der Reihe war er schon etwas älter, abgestumpfter und seine Motive wurden erst gegen Ende des Spiels bekannt. Umso schöner ist es, dass nun in „Mirage“ eine andere Seite Basims gezeigt wird. Immerhin startet die Geschichte recht früh. Die Story startet mit einem idealistischen jungen Basim, der von den Verborgenen fasziniert ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als ihnen anzugehören. Wer „Assassin’s Creed Valhalla“ gespielt hat oder generell einen Assassin’s Creed-Ableger, der weiß nun genau, was passieren wird: Das Spiel startet eigentlich erst sachte mit einem Glaubenssprung und entfaltet seine wahre Agenda mit der Zeit. Was wie eine 08/15-Rachestory beginnt, wird ganz schnell zu etwas Besserem und Unvorhergesehenem.

Mehrere Kurzgeschichten werden zu einem Gesamtbild

Nun kommen wir aber zur Art der Erzählung. Auch wenn sich „Mirage“ mehr in Richtung der Ursprungsvarianten bewegt, so ist die Erzählung nun moderner. Es wird alles in kleinen Abschnitten erzählt, d.h. es eröffnet sich jeweils ein Fall mit Hinweisen, die dann wiederum zu anderen Fällen führen, um dann irgendwann zum übergeordneten Antagonisten zusammenzulaufen.

Ähnlich maskierte Antagonisten kennt man schon von so manch anderem Teil der Reihe

In den ersten zwei Spielstunden wirkt es noch etwas linear, im Laufe des Spiels zieht die Story jedoch an und spätestens im letzten Drittel erreicht sie ihren Höhepunkt. Je länger man spielt, desto spannender wird es. Die spieltypisch langweilige Mitte wird hier einfach übersprungen und dafür gibt es eine Story, die immer besser und packender wird. Gerade die Erzählung in einzelnen Fällen, die zwar in sich geschlossen sind, später aber zu einem großen Ganzen führen, ist sehr angenehm, wenn man das Spiel nicht in einem Rutsch durchspielt. So kann man sich die Story einteilen und findet schnell wieder hinein.

Kleine aber feine Spielwelt im Setting von Bagdad

Wobei man gut und gerne sagen kann, dass Fans der ersten Assassin’s Creed-Teile allein schon durch das Setting zurückversetzt werden. Bagdad erinnert stark an die Tage von Altair, dem ersten Protagonisten der Reihe. Wüste, offene schön gestaltete Gebäude sowie viele Klettermöglichkeiten dürften sowohl Fans der Reihe als auch Neulinge ansprechen. Die Spielwelt ist zwar noch nicht einmal im Ansatz so groß wie die von „Valhalla“, dafür hat man nicht so viel Leerlauf. Es gibt zwar kleinere Strecken, wie etwa ein Wüstengebiet mit weniger Häusern oder auch eines mit kleinen Inseln, die weniger besiedelt sind, diese tragen aber mehr zur Atmosphäre bei und werden mit Schnellreisepunkten, Rätseln und Co. ausgeschmückt. Dennoch gibt es neben der großen Stadt Ruhepole, die einen guten und realistischeren Kontrast bilden.

Wer nun Angst vor seinem inneren Schrittzähler hat, der sei unbesorgt. Auch im neuen Assassin’s Creed gibt es mal wieder Reittiere. Und wie bereits in den letzten Ablegern, kann man auch in diesem Teil wieder auf automatische Fortbewegung zum Quest- oder markierten Ziel setzen. Es werden mittlerweile auch weniger bis keine Menschen mehr umgerannt und das Pathfinding scheint generell verbessert worden zu sein. Das ist zumindest für außerhalb der Stadt eine gute Art, um sich schnell fortzubewegen. In der Stadt selbst greift man dann auf den Parkour zurück.

Das Parkour-System ist eines der Markenzeichen von Assassin’s Creed

Der Parkour ist wieder Teil des Spiels

Und dieser ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist er sehr gelungen. Ob man nun unter etwas herrutscht, ob man etwas erklimmen möchte, in der Regel geht das mit einem Tastendruck. Andererseits hakt es noch etwas in der Ausführung. Immer wieder klettert Basim hoch, anstelle nach unten zu klettern, springt von der Wand und klettert nicht weiter hoch. Hier und da muss dann nochmals nachgeholfen werden und hier und da schafft man es dann nicht, sich geräuschlos anzuschleichen. Auch bleibt man mal irgendwo hängen und ärgert sich dann darüber, dass man deshalb entdeckt wurde.

Immerhin ist das Anschleichen eine der Kernmechaniken des Spiels. Man spielt einen Assassinen, der Leute belauscht, Hinweisen nachgeht, auf Spurensuche geht und dann, wenn er eine gute Möglichkeit gefunden hat, sein Opfer auszuschalten, das auch in seiner besten Manier ausführt.

Ein Hitman in Bagdad?

Der Vergleich mag hinken, aber sobald man über die Hinweissuche hinaus ist, fühlt es sich wie „Hitman“ an – und das ist positiv gemeint. Das Suchen nach Gelegenheit und auch die Art, wie letzten Endes die Täter, zumindest in den Hauptfällen, zu Fall gebracht werden, macht Spaß. Zum einen ist es nicht so plump dargestellt. Es gibt mehrere Questschritte, die einen zum Ziel leiten, darunter Informationen sammeln, verkleiden, belauschen und in Gebäude eindringen. Das Eindringen in Gebäude hat noch einmal einen kleinen Kniff, da man teils Schlüssel suchen, teils bestimmte Fenster überwinden muss, um dann durch einen kleinen Spalt das Absperrholz der Tür zu zerstören. Die Idee dahinter ist simpel, die Ausführung variiert jedoch, sodass man stets mit seinem Adler und seiner Assassinen-Sicht bewaffnet, nach Lösungen suchen muss.

Stealth ist ebenfalls eine der Kernmechaniken des Spiels

Das gilt übrigens nicht nur für die Hauptfälle. Auch kleinere Rätselpassagen, Truhen und mehr laden zum Nachdenken ein. Wer hier etwas Unterstützung benötigt, kann übrigens unseren Rätselguide zurate ziehen.

100 Prozent des Spiels abschließen – und das in unter einem Jahr

Im Gegensatz zu den leicht überdimensionierten anderen Teilen der Reihe ist „Mirage“ mit seinen gut 25-30 Spielstunden übersichtlich. Alles zu machen, alles zu sammeln und zu erkunden sowie die Story durchzuspielen, dauert ca. 30 Spielstunden. Jedes Gebiet hat eine kleine Übersichtstafel, die anzeigt, wie viele historische Stätten es zum Erkunden gibt, wie viele Sammelgegenstände es zu finden gilt und wie viele Rätsel es zu lösen gibt. So kann man sich auch gebietsweise an das Abschließen der Nebenaktivitäten wagen – und in einem angemessen Zeitraum, da es ausreichen, aber nicht zu viel zum Entdecken gibt.

Überdachtes Fähigkeitensystem geht Hand in Hand mit Sammelgegenständen

Besonders interessant sind dabei die Ausrüstungstruhen. Zum Glück wurde in „Mirage“ nicht auf ein Rollenspiel-Levelsystem gesetzt. Hier geht es nicht darum, Erfahrungspunkte zu sammeln. Vielmehr wird auf verschiedene Fähigkeiten gesetzt, die man zum einen durch Fähigkeitenpunkte durch das Abschließen von Aufgaben erhält, aber auch durch Fähigkeiten auf den Ausrüstungsgegenständen. Jede Montur und jede Waffe hat ihre Fähigkeit, die durch Verbesserungspläne und entsprechende Materialien aufgewertet werden kann. Die Perks reichen von mehr Schaden durch Parieren bis hin zu Gesundheitsregeneration. Es gibt eine überschaubare Anzahl, sodass man nicht überfordert wird, gleichzeitig aber auch wählen und seinen Spielstil individualisieren kann.

Das Kämpfen ist fordernd, gleichzeitig aber auch ein Rückblick auf die älteren Teile

Immerhin gibt es Ausrüstung, die einem beim Schleichen helfen kann, aber auch im Kampf. Sollte ein Schleichmanöver mal nicht so aufgehen, wie man es sich vorgestellt hat, kann man sein Schwert ziehen und es auf die andere Weise lösen. Das Kampfsystem ist dabei etwas weniger dynamisch als in „Valhalla“. In der Regel versucht man, den Angriff des Gegners entweder zu parieren und ihn dann mit einem Streich zu töten oder eben auszuweichen. Es ist ein paar spezielle Gegner, bei denen auf Besonderheiten geachtet werden muss, aber es wird schnell deutlich, dass das Kämpfen ein letzter Ausweg ist und dementsprechend auch eher stiefmütterlich behandelt wird. Wenn möglich, sollte man sich eher auf das Schleichen und leise Ausschalten konzentrieren.

Sentimentaler Gameplay-Loop mit neuen verfeinerten Ansätzen

So sehr das Setting und das Gameplay auch an die alten Zeiten erinnern, sind sie dennoch von den neueren Teilen inspiriert. Altbekannte Features, wie etwa das Verstecken in der Masse, das Rufen von Ablenkung und Heuballen, sind wieder Teil des Spiels und tragen zum Charme bei. Gleichzeitig bringt das Spiel aber auch neuen Wind, in dem Ausrüstungen aufgewertet werden können oder mit einer speziellen Assassinen-Sicht gearbeitet werden kann, die es ermöglicht, mehrere Gegner gleichzeitig auszuschalten. Kleinere Twists der altbekannten Features gibt es ebenfalls, da nun Ablenkungen in Form von Musikern oder Kämpfern nicht mit Gold bezahlt werden, sondern mit Münzen, die man in Truhen finden kann oder aber die man sich durch spezielle Aufträge erfarmen muss.

Weniger sentimental ist die Grafik. Die ist wirklich schick und sehr leistungsschonend

Das Spiel hat somit seinen eigenen Ressourcenkreislauf, verzichtet auf Level und Erfahrungspunkte und setzt eher auf Fähigkeiten und festgeschriebene Questbelohnungen. Alles ist somit zählbar und übersichtlich. Man kann sich das Spiel so gut einteilen, gleichzeitig ist es aber auch nicht zu lang, sodass es nicht im Regal verstaubt und durch Neuzugänge überschattet wird.

Fazit

So attraktiv manche Spiele auch mit ihren 100+ Spielstunden wirken, da man ja mehr für sein Geld bekommt, so sehr leiden sie aber auch an repetetiven Quests, Umgebungen und Handlungssträngen. Häufig verliert man die Lust, alles zu erkunden, da man dies ja bereits seit mehreren Stunden getan hat und die Ausbeute dementsprechend gering ausfällt. Mit „Mirage“ hat Ubisoft meiner Meinung nach den Balanceakt zwischen Inhalt und Spielzeit gemeistert. Es hat die perfekte Länge und lädt dazu sein, alles zu machen, ohne dabei zu ermüden. Die Story, die in mehreren Abschnitten (Fällen) erzählt wird, hält bei Laune und wird Stunde für Stunde spannender, fesselnder und emotionaler. Wirkt Basim zu Beginn des Spiels noch recht einfältig, zeigt er zum Ende des Spiels sehr viel Charakter und auch der Weg zu dieser Charakterentwicklung ist spürbar und gut umgesetzt.

Ich finde es gut, dass das Parkour-System wieder aktiver Teil es Spiels ist. Die Umsetzung ist gut, hakt aber an so mancher Stelle noch etwas, was gerade auf einem höheren Schwierigkeitsgrad spürbar wird, wenn Quests durch das Entdecken scheitern.

Die Spieltwelt ist gut designt und gerade die einzelnen Hauptquests glänzen mit mehreren Questschritten, einladenden Umgebungen, herausfordernden Rätseln und imposanten Attentaten.

„Assassin’s Creed Mirage“ kostet gerade einmal 49,99 Euro und ist somit günstiger als der Regelfall. Das heißt aber nicht, dass die Qualität darunter leidet – im Gegenteil. Rein qualitativ empfinde ich es als einer der besten Teile, gerade da es etwas kürzer und abgesteckter ist und sich stärker auf die einzelnen Elemente fokussiert wurde. Selbst die kleinsten Nebenaufgaben erzählen eine Geschichte und sind auch spielerisch etwas ausgefeilter, wobei sie natürlich nicht an die Hauptquests herankommen, es aber auch gar nicht sollen. Basim, auch wenn ich mit ihm in „Valhalla“ nicht wirklich warm geworden bin, hat mir ebenfalls sehr gut als Protagonist gefallen.

Kurzum: „Assassin’s Creed Mirage“ ist eines der besten Assassin’s Creed-Teile, vor allem dann, wenn einem die neueren Teile zu lang waren und man sich wieder mehr auf die Kernmechaniken – das Meucheln, das Schleichen – konzentrieren möchte. Ein fairer Preis rundet das sehr positive Gesamtbild weiter ab.

Für diesen Testbericht wurde uns ein Muster zur Verfügung gestellt.

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Masterpiece
98100
Pros

Rückkehr zu den Ursprüngen der Serie

Vielversprechendes Setting in Bagdad

Fesselnde Erzählweise mit einer Reihe von miteinander verbundenen Fällen

Gut gestaltete und stimmungsvolle Spielwelt

Ausgewogene Spielzeit von etwa 25-30 Stunden

Fähigkeits- und Ausrüstungssystem mit Vorteilen

Fokus auf Kernmechaniken wie Stealth und Attentate

Erschwinglicher Preis von 49,99 Euro

Cons

Gelegentliche Probleme mit dem Parkoursystem, die zu Questfehlschlägen vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden führen können

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