Wer wollte nicht schon immer ein Dune-Game spielen, in dem man selbst auf dem unwirtlichen Planeten Arrakis ums Überleben kämpfen muss? Zugegeben – die meisten hätten sich vermutlich eher ein Rollenspiel gewünscht, in dem man das Schicksal des Dune-Universums aktiv mitgestaltet. Doch Funcom hatte eine andere Idee: Auch ein Sandbox-Survival-MMO klingt auf dem Papier vielversprechend, oder?
Immerhin kennt man Funcom bereits durch Titel wie Conan Exiles, ein Sandbox-Survival-MMO im Conan-Universum – und das war überraschend gut und erstaunlich erwachsen.
Doch bei Dune: Awakening läuft einiges anders. Es wird nicht einfach das klassische Dune-Universum verwendet, wie ihr es aus den Büchern oder Filmen kennt. Funcom geht hier eigene Wege. Was das genau bedeutet und wie sich das auf das Spiel auswirkt, erfahrt ihr jetzt.
Was wäre, wenn…? – Die alternative Geschichte von Dune: Awakening
Die Geschichte von Dune: Awakening basiert nicht auf den bekannten Ereignissen aus Buch oder Film – stattdessen wirft das Spiel die spannende „Was wäre, wenn?“-Frage auf: Was, wenn Lady Jessica kein Kind namens Paul geboren hätte, sondern eine Tochter? Und was, wenn der Verrat von Dr. Yueh an Herzog Leto Atreides nie stattgefunden hätte?
Genau das ist das Ausgangsszenario. Leto lebt, der Verrat wurde von den Bene Gesserit im Voraus vereitelt – und Haus Atreides konnte den Angriff auf Arrakeen überstehen. Das Ergebnis: Kein heiliger Krieg, kein Paul Muad’Dib, keine messianische Fremen-Revolution. Stattdessen herrscht auf Arrakis ein zermürbender „Krieg der Attentäter“ zwischen den Häusern Atreides und Harkonnen.
Die Fremen sind spurlos verschwunden, und es liegt an uns – dem Spielercharakter – herauszufinden, was mit ihnen geschehen ist. Unterdessen sichern die Sardaukar im Auftrag von Imperator Shaddam IV nicht nur den Fluss des Spice, sondern behalten auch das Machtspiel auf dem Wüstenplaneten genau im Auge.

In dieser Welt ohne Paul öffnet sich ein Vakuum – ein Machtvakuum, das wir entweder durch die Unterstützung eines bestehenden Hauses füllen können … oder wir bauen unser eigenes Imperium auf.
Das alles klingt verdammt vielversprechend. Leider ist die Story in der Praxis vor allem Mittel zum Zweck. Die Inszenierung ist zwar – gemessen am Genre – nicht schlecht, aber man spürt deutlich: Das hier hätte in einem anderen Spielkonzept vielleicht besser funktioniert. Das große erzählerische Potenzial bleibt größtenteils ungenutzt.
Denn anstatt eine tiefgreifende Geschichte zu entfalten, hetzt euch das Spiel eher von Gebiet zu Gebiet, bis ihr irgendwann im Endgame ankommt. Klar, es gibt ein paar Zwischensequenzen, Funksprüche und hin und wieder kleine Story-Häppchen – aber wer hier auf eine ausgearbeitete Kampagne hofft, wird enttäuscht.
Von der Theorie zur Praxis – Wie spielt sich Dune: Awakening wirklich?
Auch wenn die Story auf dem Papier einiges hermacht, zeigt sich schnell: Der wahre Fokus von Dune: Awakening liegt ganz woanders – nämlich im Überleben, Erkunden und Behaupten in der rauen Welt von Arrakis. Zeit also, die erzählerischen Erwartungen beiseitezulegen und sich anzuschauen, wie gut das Spiel als Survival-MMO wirklich funktioniert. Was bietet das Gameplay? Wie spielt sich der Alltag in der Wüste? Und vor allem: Macht das Ganze überhaupt Spaß?
Um es gleich vorwegzunehmen: Ja, es macht Spaß – allerdings mit einigen Abstrichen. Besonders der Spielfortschritt, das Basenbauen und das Kampfsystem sind gut umgesetzt und motivieren.
Eure Basis
Das Bauen der eigenen Basis nimmt vor allem zu Beginn viel Zeit in Anspruch – zum Glück macht es auch wirklich Laune. Das Baumenü ist angenehm intuitiv, und man kann recht schnell ansehnliche Strukturen errichten. Klar, man darf hier keine kreative Freiheit à la Minecraft erwarten. Die Gebäude wirken eher roh und industriell, orientieren sich aber stilistisch stark an der Filmvorlage. Das passt zur Atmosphäre und fügt sich stimmig ins Gesamtbild. Dennoch bietet das Bausystem genug Freiheiten, um kreativ zu werden.
Ein besonderes Highlight ist der Bau eigener Fahrzeuge: Diese müssen aus verschiedenen Komponenten selbst zusammengesetzt werden. Dabei könnt ihr sogar eigene Ideen einfließen lassen und z. B. ungewöhnliche Teile verwenden, um eure Fahrzeuge individuell zu gestalten – ein netter Touch.

Ein echter Dämpfer ist allerdings das Gebietssystem: Die Story zwingt euch regelmäßig dazu, in ein neues Gebiet umzuziehen – und eure bisherige Basis zurückzulassen. Gerade in den ersten Stunden ist das frustrierend, denn oft hat man gerade viel Mühe und Ressourcen in seine erste richtige Base gesteckt. Hinzu kommt, dass das Anfangsgebiet dadurch oft mit verfallenen, zurückgelassenen Gebäuden überfüllt ist. Einen schönen, freien Platz zu finden, wird dadurch zur Herausforderung. Etwas früher zugängliche Fortbewegungsmöglichkeiten hätten hier viel Frust vermeiden können.
Der Kampf ums Überleben
Was die Survival-Aspekte angeht, wirkt anfangs vieles atmosphärisch dicht und gut durchdacht – etwa das Wassermanagement. Wie in der Vorlage könnt ihr Wasser aus Leichen gewinnen oder mithilfe eines Tausammlers Tau von Pflanzen extrahieren. Leider wird das mit zunehmender Spielzeit komplett trivial. Nach einigen Stunden sitzt man auf einem solchen Wasservorrat, dass der Überlebensaspekt praktisch bedeutungslos wird. Und mal ehrlich: Warum hat mein Charakter eigentlich nie Hunger?
Ganz anders sieht es beim Kampf- und Loot-System aus. Hier glänzt Dune: Awakening richtig. Das Waffenhandling ist gelungen – sowohl Nah- als auch Fernkampfwaffen fühlen sich wuchtig und befriedigend an. Besonders cool ist das System rund um die ikonischen Holtzman-Schilde: Diese blockieren schnelle Angriffe, sodass ihr auf schwere, langsame Nahkampfschläge setzen müsst. Das fühlt sich authentisch an und transportiert den Spirit von Dune wunderbar ins Gameplay.

Weniger überzeugend ist hingegen die KI: Gegner stürmen oft einfach stumpf auf euch zu, ohne jegliche Taktik oder Ausweichverhalten. Nur wenn ihr schlecht ausgerüstet seid, wird es überhaupt gefährlich. Wo sind die cleveren Plünderer, die seit Jahren in der Wüste überleben? Spannend wird es erst mit dem Sandwurm – zumindest theoretisch. Sobald ihr euer erstes Fahrzeug habt, seid ihr meist schnell genug, um einfach durch die Wüste zu rasen, ohne ernsthaft Gefahr zu laufen. Und warum, zum Teufel, kann ich nicht einfach auf einem Wurm reiten? Wenn man ihm zu nahe kommt, frisst er einfach eure Ausrüstung und tötet euch – besonders nervig, wenn man gerade mit vollem Inventar von einer Dungeon-Quest zurückkommt. Danach heißt es dann erst einmal: warten, bis der Dungeon respawnt.
Zwischen Forschung und Belohnung – die Dungeons
Die sogenannten Forschungsanlagen – also die Dungeons – sind optisch durchaus gelungen. Hin und wieder bieten sie kleinere Geheimnisse oder Umgebungsrätsel. Trotzdem fehlt es ihnen insgesamt an Abwechslung oder echten Herausforderungen. Wären dort nicht wichtige Baupläne, Ressourcen oder Questziele versteckt, könnte man sie fast links liegen lassen.

Immerhin: In Dungeons schaltet ihr auch neue Skilltrees frei. Die könnt ihr dann im Laufe des Spiels leveln, was das Fortschrittssystem insgesamt angenehm motivierend gestaltet. Punkte gibt’s für fast alles – Kämpfen, Erforschen, Craften – und die Skills sind in aktive Fähigkeiten, Perks und passive Boni unterteilt. Allerdings wird damit euer gewählter Startursprung (z. B. Mentat, Schmuggler, Fremen usw.) nach wenigen Stunden fast schon bedeutungslos, weil ihr viele der anderen Skilltrees ohnehin freischalten könnt. Ein bisschen schade.
Endgame: PvE vs. PvP
Im Endgame ändern sich einige Dinge – manche zum Positiven, manche zum Schlechteren. Vieles, was zu Beginn noch stört, fällt später weniger ins Gewicht. Leider gilt das nicht für das PvP-Problem.
Stand jetzt ist das Endgame für Solo- oder reine PvE-Spieler schlicht nicht ideal. Zwar wurde ein Update veröffentlicht, das erste PvE-Endgame-Zonen eingeführt hat, doch der Fokus liegt weiterhin klar auf PvP. Die besten Belohnungen, legendäre Baupläne und Ressourcen gibt es nur in PvP-Gebieten. So entwickelt sich das Spiel immer mehr in Richtung Extraction Shooter – und das passt für viele nicht zum ursprünglichen Survival-MMO-Konzept.
Es gibt zwar Versprechen seitens der Entwickler, mehr PvE-Content nachzuliefern – aber wann und wie genau das aussehen wird, bleibt unklar. Aktuell bleibt Solo-Spielern am Ende kaum eine sinnvolle Beschäftigung, außer sie schließen sich großen Gilden oder Clans an. Und selbst dann ist die Lernkurve im PvP extrem steil.
Technik – Zwischen Stabilität und unnötigen Hürden
Was soll man groß zur Technik sagen? Dune: Awakening läuft rund, sieht gut aus und unterstützt alles, was man heutzutage von einem modernen PC-Spiel erwartet – egal ob Ultrawide-Monitore, Controller, DLSS oder Raytracing. Die Grafik überzeugt mit detaillierten Texturen, stimmungsvoller Beleuchtung und authentischen Wüstenlandschaften, die sich sehen lassen können. Abstürze oder schwerwiegende Bugs hatte ich während meiner Spielzeit keine – kleinere Fehler hier und da, aber nichts, was wirklich negativ ins Gewicht fällt.
Was hingegen auffällt – und leider auch negativ – ist die Art und Weise, wie das Zusammenspielen mit Freunden gehandhabt wird. Immerhin reden wir hier von einem MMO. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, gemeinsam zu spielen – unabhängig davon, wie weit der Fortschritt der anderen ist oder auf welchem Server man sich befindet. Doch Dune: Awakening macht es einem hier erstaunlich schwer.
Aufgrund der Serverstruktur kann es vorkommen, dass man sich nicht findet, obwohl man „auf demselben Server“ ist – allerdings in einem anderen Instanz-Bereich oder Storyabschnitt. Zwar gibt es die Möglichkeit, Freunde gezielt zu „besuchen“, aber das ersetzt nicht das Gefühl, gemeinsam an einer Basis zu bauen oder unabhängig voneinander die Welt zu erkunden. Private Server sind zwar eine Alternative, doch diese kosten monatlich Geld – ein weiterer Stolperstein, gerade wenn man das Spiel einfach nur gelegentlich mit Freunden erleben möchte.

Besonders frustrierend war die Situation kurz nach Release: Viele Server waren zu diesem Zeitpunkt voll und neue Spieler wurden einfach abgewiesen. Das hatte zur Folge, dass ich nicht mit einem Freund zusammenspielen konnte, obwohl wir beide das Spiel gekauft hatten – ein echtes No-Go für ein MMO, das stark auf gemeinsames Überleben ausgelegt ist.
Immerhin: Diese Probleme werden mit der Zeit vermutlich weniger ins Gewicht fallen, wenn die Spielerzahlen sich einpendeln und sich eine stabile Kern-Community gebildet hat. Doch dieser holprige Start ins Multiplayer-Erlebnis bleibt ein unnötiger Makel in einem Spiel, das eigentlich genau davon leben sollte.
Fazit – Dune: Awakening ist ein starkes Fundament mit zu viel Sand im Getriebe
Dune: Awakening ist ein spannendes Survival-MMO mit viel Potenzial – und genau das merkt man auch an jeder Ecke. Der Einstieg ist motivierend, das Bauen macht Spaß, das Kampfsystem ist durchdacht und viele Mechaniken greifen gut ineinander. Die Vision hinter dem Spiel ist stark, sowohl optisch als auch konzeptionell. Und trotzdem fühlt es sich an, als wäre der Wüstenplanet Arrakis ein wenig zu früh aus dem Cryo-Schlaf geholt worden.
Vor allem im späteren Spielverlauf schleichen sich nervige Designentscheidungen ein: PvP-Fokus im Endgame, umständliches Zusammenspielen mit Freunden, KI zum Vergessen und ein über weite Strecken verschenkter Survival-Aspekt, der seinen Namen kaum verdient. Auch das fantastische Worldbuilding des Dune-Universums wird nicht annähernd so ausgeschöpft, wie es könnte.
Trotzdem: Wer Lust auf ein komplexes, visuell beeindruckendes Survival-Erlebnis mit MMO-Elementen hat – und bereit ist, ein paar Macken zu verzeihen –, der bekommt mit Dune: Awakening eine solide und oft auch sehr spaßige Grundlage. Aber genau wie bei einem Sandwurm in der Ferne bleibt die Frage: Wird es größer, beeindruckender … oder einfach im Sand versinken?