Steel Seed (PC) im Test

Du bist auf der Suche nach einem Spiel, das dich nicht in eine riesige Open World entführt? Ein Spiel, das seine Grenzen kennt, seine Story gut portioniert voranbringt und dich durch eine dystopische Spielwelt führt? Vielleicht könnte Steel Seed dann genau das sein, auf das du gewartet hast, doch mehr dazu, erfährst du nun im Test.

In Steel Seed wirst du Teil eines Settings, das nicht allzu oft in letzter Zeit verwendet wird. Wo dich die meisten Spiele ins Mittelalter begleiten, wirst du in Steel Seed direkt in eine Zukunft bugsiert. Diese Zukunft ist allerdings keine Schöne und die Schuhe von Zoe, in die du schlüpfst, wissen zu Beginn leider auch nicht viel über besagte Welt. So ist es nicht nur für dich, sondern auch für die Protagonistin ein Sprung ins Unbekannte.

Wie schon erwähnt, startest du als Zoe an einem unbekannten Ort. Du bewegst dich zwar in einem humanoiden Körper, doch ganz menschlich ist dieser leider nicht mehr. Lange Zeit zum Grübeln hast du allerdings nicht, denn schnell lernst du Koby kennen. Dieser ist dein robotischer Begleiter, welcher sich etwas besser in der Welt zurechtfindet und dir stets zur Seite steht.

Gerade zu Beginn, wenn du erst die Spielwelt noch kennenlernen möchtest, ist es eine willkommene Abwechslung, wenn Zoe nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit Koby spricht.

Das Erste, was dir im Spiel auffallen wird, sind gigantische Konstruktionen, die so gar nicht menschlich wirken. Alles ist einfach viel zu groß und auch zu fortschrittlich, um von Menschen geschaffen zu sein. Und du triffst auch nicht so schnell auf eine dir bekannte Zivilisation, denn diese scheint ausgestorben zu sein. Einen Grund hierfür kannst du dir dann schon fast denken, wenn du auf die großen Konstrukte triffst, die voller Eifer versuchen, dich auszumerzen.

Du gehst also meist erst einmal etwas leiser voran, immerhin scheinen alle stärker und erfahrener zu sein. Du lernst erst einmal springen, dich zu ducken und an Gegner heranzuschleichen, um diese dann leise auszuschalten. Deine Gegner sind fast immer in der Mehrzahl und dir leicht überlegen. Du kommst schnell ins Schwitzen, solltest du dich ihnen direkt im Nahkampf stellen. Zwar ist das eine Möglichkeit und du entscheidest, ob du lieber schleichen oder frontal angreifen möchtest, doch die Kämpfe können sich dann ziemlich ziehen und herrlich brutal schwierig werden, wenn du kopflos an die Sache herangehst.

Nehmen wir also einmal an, dass du dich recht leise fortbewegen möchtest. Dann kannst du an markierten Stellen klettern, du kannst dich in grasähnlichen Fragmenten verstecken und du kannst dich sogar an Wänden und anderen Sichtschutzvorrichtungen entlangbewegen, um möglichst viele Gegner so leise wie möglich auszuschalten. Die Animationen beim Ausschalten sind aber alles andere als zaghaft und du merkst schnell, dass Zoe mehr kann, als man ihr auf den ersten Blick zutraut.

Vielleicht wirst du von einem Gegner gesehen, weil du dich nicht gut versteckt hast, vielleicht schaut der Gegner aber auch etwas mehr um die Ecke als er sollte … Nichtsdestotrotz bleibt dir manchmal nichts anderes übrig, als direkt auf den oder sogar die Gegner loszugehen.

Du zückst deine Klinge, weichst ihnen aus, und versuchst sie mit gezielten Schlägen auszuschalten und mehrere Gegner auszumanövrieren. Du hast natürlich auch Koby an deiner Seite, der hier und da auch mal helfen kann, ohne aber zu sehr einzugreifen. Natürlich kannst du all deine Fähigkeiten auch mit der Zeit upgraden. Das reicht dann von eher langweiligen Lebensenergie-Upgrades bis hin zu wirklich praktischen Fähigkeiten.

Doch egal, wie gut du auch schleichen und klettern kannst, es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass du auch etwas Action erlebst. Wobei „etwas“ schon untertrieben ist. In filmreifen Sequenzen wirst du von riesigen Koloss-ähnlichen Maschinen gejagt und musst springen, gleiten und wirklich all deine Kletterkünste nutzen, um nicht in die Tiefe oder in die Arme dieser Kreaturen zu fallen.

Diese Sequenzen lockern das Schleichen auf, sind aber auch sehr aufregend und vor allem filmisch inszeniert. Gerade für so ein kleines Entwicklerstudio ist das eine herbe Leistung.

Irgendwie bekannt, aber dennoch tierisch interessant geschrieben

Doch wenn man sich so umschaut, bemerkt man hier und da auch, wie sich die Entwickler:innen haben inspirieren lassen. Ob es nun die Klettermarkierungen sind, die einem Horizon – Zero Dawn ähneln, die Story, die viele Elemente aus Horizon beinhaltet, die Kolosse, die etwas nach Nier: Automata riechen oder die Kämpfe, die sich etwas wie Star Wars Jedi anfühlen. Das heißt nicht, dass sich hier zu viel abgeschaut wurde, im Gegenteil: Es hat genau jene Elemente aus besagten Spielen, die wirklich gut sind und gut zusammenpassen. Du wirst also nicht einfach in einen Asset-Flip geworfen, sondern vielmehr werden mit Szenen, mit Gegenständen und auch mit einigen Eindrücken Erinnerungen an all diese tollen Spielmomente geweckt. Selbst die erste Szene, in der Zoe zusammengesetzt wird, hat ein richtiges Deus Ex: Human Revolution-Gefühl hinterlassen.

Steel Seed nimmt all diese Eindrücke, Story-Fetzen und Erinnerungen auf, vermischt diese in etwas Neues und zeigt, wie schön ein Spiel sein kann, das einfach mal linear erzählt wird. Dass eine gute erzählte Story vermittelt, ohne auf Action oder sogar Stealth zu verzichten. Dass ein Genre mit Sci-Fi für sich nutzt, ohne direkt ein Horrorspiel sein zu müssen.

Und dennoch wirst du an so mancher Stelle bemerken, dass Steel Seed, so bemerkenswert es auch ist, leider nicht das Budget eines Triple-A-Titels hat – wobei es das sicherlich verdient hätte. Das fängt bei Kleinigkeiten wie etwa einer manchmal zu stoisch wirkenden KI, die sich mal aufhängt bis hin zu der eigentlich fantastischen Optik, die aber mit größeren Titeln nicht wirklich konkurrieren kann – und NICHT MUSS. Das Design ist wirklich klasse und es macht Spaß, sich umzusehen, die Skybox näher zu betrachten oder einfach die Partikel- und Lichteffekte auf sich wirken zu lassen.

Trotz der hübschen Beleuchtung, der Effekte – und diese sind wirklich faszinierend und zahlreich in Kämpfen, läuft das Spiel auf dem PC wirklich gut. Mit einem AMD Ryzen 7 5800x3D, 64 GB RAM, einer Nvidia 3070 Ti bei einer Auflösung von 1440p läuft das Spiel sehr flüssig mit über 80 FPS bei angepassten Einstellungen, meist sogar noch mehr, doch kommen hier und da mal ein paar Effekte zu viel und so sind die 80 fast die Untergrenze. Es läuft also einwandfrei! Das Spiel selbst empfiehlt übrigens folgendes Setup:

  • Betriebssystem: Windows10
  • Prozessor: Intel Core i7 6700K, 4.00 Ghz or AMD equivalent
  • Arbeitsspeicher: 16 GB RAM
  • Grafik: Nvidia RTX 2070 / Intel ARC 770 / AMD RX 5700xt
  • Speicherplatz: 50 GB verfügbarer Speicherplatz

Solltest du allerdings ein Faible für Horizon Zero Dawn haben, einfach mal wieder ein Sci-Fi-Spiel spielen wollen, ohne 100 Stunden deines Lebens in Nebenaktivitäten zu verlieren oder einfach nur Interesse an einem Spiel haben, das dich immer wieder anders fordert, ob nun durch Story, Action oder Stealth, dann ist Steel Seed genau das Richtige für dich. Dann wird dich auch nicht stören, dass die KI manchmal leicht cheatet. Dann wird dich auch nicht stören, dass die Animationen manchmal leicht abgehakt wirken. Dann wirst du die Spielwelt genießen, dich kaum an den liebevoll designten Umgebungen und Feinden satt sehen können und du wirst mit Sicherheit viel Spaß an der gut erzählten Story haben, mit all den tollen Charakteren und vor allem Koby als Begleiter – ob nun im Kampf, im Erkunden oder im Gespräch. Selbst die deutsche Synchronisierung ist gelungen und das ist etwas, was man nicht von jedem Spiel behaupten kann.

Für diesen Testbericht wurde uns vorab ein Muster zur Verfügung gestellt.

Steel Seed (PC) im Test
Story
8.2
Gameplay
8.7
Technik
7
Das hat mir Gefallen
Linear statt Open World: Keine überladene Welt – klarer Fokus auf Story und Progression.
Stimmungsvolles Sci-Fi-Setting: Ungewöhnlich und atmosphärisch, mal keine Mittelalter-Kulisse.
Sympathische Hauptfiguren: Zoe und ihr Begleiter Koby sorgen für emotionale Bindung und Dialoge.
Intensive filmreife Sequenzen: Verfolgungsjagden und Action-Szenen wie aus einem Blockbuster.
Vielseitiges Gameplay: Mischung aus Stealth, Action und Platforming.
Taktische Kämpfe: Spielerische Freiheit zwischen Schleichen und Kämpfen.
Erinnerungen an große Titel: Elemente aus Horizon, Nier: Automata, Deus Ex, etc. clever kombiniert.
Starke audiovisuelle Präsentation: Lichteffekte, Design und Musik sehr gelungen.
Gute deutsche Synchronisation: Seltenes Highlight bei kleineren Spielen.
Keine Spielzeit-Strecker: Konzentriertes Erlebnis ohne 100+ Stunden Grind.
Liebvoll gestaltete Umgebungen: Viel zu entdecken, trotz linearer Struktur.
Das war nicht so gut
Stoische oder fehlerhafte KI: Gegnerverhalten wirkt manchmal unnatürlich oder verbuggt.
Kämpfe können frustrieren: Ohne Taktik sehr herausfordernd und zäh.
Deutliche Anleihen an andere Spiele: Manche Elemente wirken nicht ganz originell.
8