Mandragora: Whispers of the Witch Tree ist eine Art Metroidvania und erinnert von der Spielart etwas an Metroid: Dread, etwas an Ori and The Will of the Wisp, aber auch etwas an Dark Souls. Doch wie gut machen sich all diese fantastischen Ideen und Konzepte der Genres in einem Spiel? Und wäre Mandragora vielleicht sogar etwas für dich?
Mandragora startet seicht in die Materie. Erst einmal suchst du dir deinen Inquisitor oder Inquisitorin heraus. Du kannst deinen Charakter mäßig gut anpassen und dir eine aus sechs Klassen für den Start heraussuchen. Dabei solltest du darauf achten, welchen Spielstil du bevorzugst: Es gibt beispielsweise einen Klassiker mit Frontkämpfer:in, der mit Schild und Schwert auf seine Feinde losgeht, eine Schurkenklasse mit Dolch und Gift oder auch Magiebegabte, die lieber aus der Ferne angreifen. Zwar startest du mit einer Klasse, doch du kannst auch in jede andere der insgesamt sechs Klassen Punkte investieren und Mischklassen basteln, sodass du mit über 200 Fähigkeitenpunktmöglichkeiten mehr als genug Spielraum für deinen Spielstil finden kannst.

So weit so gut. Du suchst dir also eine Klasse aus und ja hier gilt, wer die Wahl hat, hat die Qual, denn alle Klassen sehen interessant aus: Frontkämpfer, Flammenweber, Zauberbändiger, Nachtschatten, Waldhüter & Rächer.
Du schreitest nun also als Frontsau, als giftmischender Schatten oder als durch Flamme oder andere Magie Gesegnete(r) voran, kurz: Inqusitor:in, und erhältst eine heilige Aufgabe seitens der Kirche.

Diese verkündet dir, dass du die zweite Hexe suchen und sie verhaften sollst. Klingt erst einmal simpel.
Du schaust dir also Faelduum an, ein wirklich unschönes Plätzchen, das ein bisschen an Cthulhu, ein bisschen an Mittelalter und ganz viel an Hexenverfolgung erinnert. Alles ist düster, dreckig und vor allem gefährlich.
Du sprichst mit so vielen NPCs wie möglich, erhältst weitere Aufgaben, die teils sogar gute Belohnungen enthalten, suchst Auftragsbretter auf für noch mehr Herausforderungen und Belohnungen und gehst immer wieder an den einen Ort zurück, der dir sicher erscheint: der Hexenbaum. Hier versammelst du auch deine Unterstützer:innen, welche dir besondere Waffen, Ausrüstung und mehr Craften, gar Heiltränke für dich herstellen. Das ist natürlich nicht kostenlos und du musst diese Personen auch erst einmal in den Weiten von Faelduum finden.
Wobei Weite an dieser Stelle eher Breite ist. Du durchstöberst immerhin eine 2,5 D Welt.
Doch bevor du nun glaubst, dass du einfach von links nach rechts und rechts nach links gehen kannst, ein paar Gegner auf dem Weg umhaust und ganz schnell und unbekümmert durch dieses spielerische Höllenfeuer läufst, sei gewarnt, denn ganz so einfach ist es nicht – zum Glück!

Erst einmal sind gut 2/3 der direkten Wege gesperrt. Einfach durch eine verschlossene Tür laufen ist nicht. Du kannst auch oft nicht einfach durch einen Boden brechen oder dich per Greifvorrichtung voranschwingen. Grundsätzlich musst du dir alles erst einmal verdienen. Und dieses Verdienen klappt, indem du neue Wege findest, voranzukommen, deine Shortcuts öffnest, um es dir auch nur ein bisschen einfacher zu machen. Du erhältst auf dem Weg auch Checkpoints und kannst schnellreisen. Doch das sind eher Komfort-Features und nicht wirklich Spielhilfen. Die einzige Spielhilfe ist eigentlich dein Erfahrungswert, den du gewinnst. Du lernst, dass du nicht einfach überall runterspringen kannst, dass du dich auch mal festhalten und klettern musst und du lernst, dass Fallen gefährlicher sind als du vielleicht zu Beginn vermutet hast. Und dann, wenn du wirklich den Respekt vor den Verzweigungen und Verstrickungen des Kartendesigns gelernt hast, wenn du vielleicht auch Gerald regelmäßig Kartenfragmente gebracht hast, damit du mehr auf der Karte siehst, dann hast du immer noch die größten Gefahren vor dir: Gegner.

Jetzt lernst du weniger über Metroid und Ori, sondern mehr über Dark Souls und seinen Einfluss auf dieses Spiel.
Mit der Waffe deiner Wahl oder auch Relikt, falls du zauberkundig spielen möchtest, gehst du zu Beginn bei den ersten einfacheren Gegnern noch recht zügig voran. Vielleicht wirst du auch übermütig, denn das Spiel scheint es nicht ganz so schwer mit dir zu meinen.
Du tötest immer mehr Gegner, lernst ihre Attacken kennen, blockst, weichst aus oder nutzt einfach die richtige Entfernung zum Gegner aus. Du wirst besser und stärker, denn jeder Gegner gewährt dir Essenz, mit der du deinen recht imposanten Skill-Tree ausbauen kannst. Stärker, schneller oder einfach klüger – alles verbessert sich so, dass du es auch wirklich merkst.

Doch dann kommt der Punkt, an dem du lernen musst, dass du auch mal nicht so gut weiterkommst, dass du besser werden musst. Der erste Mini-Boss wirkt beispielsweise wie ein richtiger Boss: Er hat einen großen Lebensbalken, Mechaniken, ruft beispielsweise Gegner in den Kampf. Sobald du ihn erledigt hast und dich vielleicht schon etwas wunderst, dass das Spiel ja gar nicht so schwer ist, kommt auch schon der erste kleine Rückschlag: Es war nur ein MINI-Boss. Tja, das erklärt einiges.
Gut, du erkundest weiter, suchst neue Herausforderungen, neue Wege, neue Quests, neue Ausrüstung und kommst endlich bei dem ersten Boss an (ohne MINI). Und jetzt fällt dir auf, was es eigentlich heißt in Mandragora einen Boss zu besiegen.

Mehr Mechaniken, mehr Lebensenergie, mehr Phasen und Mensch, echte Anstrengung. Brauchtest du bisher kaum Heilung? War ein Wetzstein, der deinen Angriff verstärkt, eher Deko? Dachtest du, dass du eigentlich ziemlich gut ausweichen kannst? Ab jetzt macht das Spiel wirklich ernst. Teils sogar todernst. Die Tode häufen sich, du verlierst auch mal Essenz auf Dauer, weil du sie eben nicht einsammeln kannst, du fällst mal bei einer Sprungpassage zu weit nach unten, du hältst dich nicht richtig fest, du weichst nicht zeitig aus, …

Das Spiel hat eine anfängliche flache Lernkurve und zieht dann nach gut 4 Spielstunden mehr an, dann aber auch kontinuierlich. Und schon hast du eine lange Reise vor dir, die weit über die 30 Spielstunden hinausgeht.

In dieser Zeit wirst du wahrscheinlich mal Frust aufbauen, wenn es nicht gut klappt. Du wirst grinden müssen, um eine Fähigkeit deiner Wahl aufzuleveln. Vielleicht möchtest du auch einfach mal ein Großschwert schwingen, wofür du gleich Kraft und Geschick benötigst, also gleich zwei Klassen levelst. Vielleicht hinterfragst du auch deine Ausrüstung. Hat der Schmied eine bessere Rüstung? Brauchst du eine bessere Fassung in Waffe und Ausrüstung? Wie sieht es mit Ringen oder dem Umhang aus? Hast du ausreichend Heilungsgegenstände und hast du sie schon aufgelevelt?

Du wirst tolle Bilder sehen, Zwischensequenzen, die zum Zuschauen einladen mit Dialogen, die so viel besser sind als erwartet. Du wirst einer interessanten Geschichte lauschen, die sich aber nicht zu sehr aufdrängt.

Dein Fokus liegt auf der Wegfindung, auf dem Bekämpfen von jeglicher Herausforderung, die sich dir stellt, dennoch ist die Geschichte gut erzählt und ein gutes Beiwerk. Gut könnten dir die Dialoge gefallen, da du dann auch immer einen sehr gut gezeichneten und animierten Ausschnitt der Gesprächspersonen siehst. Generell könnte dir der Look gut gefallen, wenn du auf einzigartige Designs stehst, die sich von der Masse abheben und den Fokus auf das Spiel selbst legen.
Das sind schon Kleinigkeiten, wie etwa das Lesen von Gegnern. Du siehst anhand ihrer Haltung, was sie als Nächstes vorhaben und kannst entsprechend reagieren. Sollte ein Gegner nicht zu sehen sein, weil er beispielsweise außerhalb der Kamera an die Decke springt, siehst du Umrandungen, wo er aufschlägt, sodass die Übersichtlichkeit immer vorhanden ist.
Das Einzige, was man in der Benutzeroberfläche eher schlecht ausmachen kann, sind die Gegenstände. Diese werden recht klein über der Lebensenergie angezeigt, zumindest auf einem 32-Zoll-Monitor. Doch das tut der Sache keinen Abbruch. Du weißt ja, dass du nicht allzu viele Heilgegenstände hast.
Das Spiel läuft übrigens butterweich, auch auf nicht ganz so leistungsstarken Rechnern. Mit einer 3070Ti Super, einem AMD Ryzen 7 5800x3D sowie 32 GB RAM und einer Auflösung von 1440p läuft das Spiel locker mit 165+ FPS. Auch auf dem Steam Deck kann man unglaubliche 60 FPS erreichen – und das ganz ohne FSR. Es bleibt also schick und läuft auch noch richtig gut.
Mandragora ist also kein leichtes Spiel. Es fordert dich, es belohnt dich und es gibt dir diesen ganz besonderen Metroid-Dark-Souls-Kick. Manchmal kriegt auch der Controller einen kleinen Kick, doch das wird mit der Zeit teuer, also ist Frustmanagement angesagt – auch bei schwierigen Bossen.
Das Spiel kostet gerade einmal 39,99 Euro, sieht schick aus, ist performant, erzählt eine gute Dark-Fantasy-Story und zeichnet sich geschickt im Gameplay aus. Kleinere Bugs gibt es zwar noch, wie etwa das Steam-Overlay, das plötzlich riesig wird, doch mit zweimal F11-Drücken ist dies auch schon erledigt.
Für diesen Testbericht wurde uns vorab ein Muster zur Verfügung gestellt.