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Der Herr der Ringe: Gollum (PC) im Test

Der Herr der Ringe: Gollum (PC) im Test

„Der Herr der Ringe“ ist ein riesiges Franchise, das aus Büchern, Filmen, Serien und Videospielen besteht. Nun hat sich ein weiterer Entwickler an einem Videospiel versucht und dieses Mal mit „Der Herr der Ringe: Gollum“ eine Geschichte parallel zum ersten Buch aufgezogen. Wie es der Titel schon vermuten lässt, geht es hier nicht um die allzeit beliebten Hobbits oder Elfen, sondern um den Sonderling Gollum. Gut, technisch gesehen ist Gollum auch ein Hobbit, aber da er durch seine Geschichte mit dem einen Ring doch etwas vielschichtiger ist, kann man beim Thema „Hobbit“ wohl das ein oder andere Auge zudrücken.

Was macht man als Gollum?

Doch wie sieht es eigentlich aus, in die Rolle von Gollum zu schlüpfen? Immerhin ist er kein Kämpfer. Im Franchise ist er eher der hinterlistige Typ von Charakter und auch im Spiel spiegelt sich genau diese Seite wider.

Gollum schleicht sich von Level zu Level, versucht in kleinen Büschen Schutz zu finden, erdrosselt auch mal gern einen Gegner von hinten und klettert dann wieder flink und freudig weiter. Springen und andere Grundmechaniken von Videospielen sind auch mit an Bord. Wieso man diese überhaupt erwähnt? Weil das Spiel über Grundmechaniken nicht hinausgeht. Laufen, Springen, Klettern, Erdrosseln …. Das ist hier nicht nur die Basis, sondern das ganze Spiel.

Und das funktioniert noch nicht einmal sonderlich gut. Oft fühlt sich das Gehen falsch an, da es zu ungenau ist. Beim Springen und Klettern sorgt es schon einmal häufiger dafür, dass man stirbt. Und wehe, man hat keinen guten Checkpoint erwischt! Dann kann es schon mal gut und gerne passieren, dass man die nicht so gut gestalteten Klettereinlagen wiederholen muss. Das Frustlevel steigt schneller als Gollum einen kleinen Berg hinauf.

Selbst wenn man den Weg als Ziel und nicht das Ziel selbst betrachtet, sind die Level so designt, dass man sich ohne „Gollum-Sense“ gut und gerne im Kreis bewegt. Die Level sind Schlauch- und Schleifenförmig angelehnt, um mehr Tiefe zu verleihen. Diese Tiefe wird aber schnell durch den genannten Sense weggenommen. Wieso selber einen Weg suchen, wenn das Spiel auch den Weg anzeigen kann? Hier wurde also bewusst eine Mechanik weggenommen, die dem Spiel etwas mehr Tiefe gegeben hätte.

Da hilft es auch nicht, dass man mit Gollum Steine werfen kann.

Story vor, nach oder während der Bücher?

Legen wir mal die Stolpersteine namens Gameplay-Mechaniken beiseite. Immerhin ist Daedalic Entertainment eher für Adventure bekannt und diese setzen den Fokus mehr auf die Story.

Hier wurde bewusst darauf geachtet, dass man keine bereits erzählte Geschichte verwendet. Die Geschichte rund um Gollum findet daher während des ersten Buches statt, als Gandalf beispielsweise Gollum verhört hat. Anstatt nun die bereits bekannte Story rund um Gandalf zu erzählen, schaut man sich den Weg von Gollum an, wie er beispielsweise durch Kerker stolpert, durch Elbengebiet wandert, etc.

All diese Gebiete haben erstaunlich viel Potenzial und schmiegen sich perfekt an die Lore von „Der Herr der Ringe“ an. Aber das war es dann auch schon. Es schmiegt sich an, überzeugt aber nicht vollends, da kaum bis kein Environmental Storytelling genutzt wird. Hier finden sich keine markanten Stellen, die ihre eigene Story nur durch Hinschauen erzählen. An den kargen Wänden, den kargen Gegenden und den ausdruckslosen NPCs lässt sich nichts ablesen, das von Interesse wäre.

Und das ist wirklich schade!

Der einzig interessante Aspekt wären die Dialoge, die Gollum und Sméagol miteinander führen. Diese führen Argumente an und es kann immer nur eine Seite gewinnen. Als Spieler kann man zwar einen Favoriten haben, wenn man aber nicht die richtigen Argumente für seine favorisierte Seite anbringt, ist das Wortgefecht trotzdem verloren. Trotz allem bleibt Gollum voll und ganz im Character, immerhin ist er nicht der Gute der Geschichte. So mitleiderregend wie er auch dargestellt wird, so bleibt er trotz der Ungerechtigkeiten, die ihm widerfahren, mehr oder weniger böse. Dieser Aspekt kommt gut zur Geltung, auch wenn sich dies noch mehr in den Taten hätte auswirken können.

Immerhin hat das Spiel unterschiedliche Enden, die auf den Entscheidungen der Spieler beruhen. Diese Entscheidungen spiegeln sich aber erst am Ende wider. Zwar gibt es hier und da kleine Seitenhiebe, wenn man sich für eine Sache entschieden hat und die Argumentation für sich gewinnen konnte, Auswirkungen kann man diese aber nicht wirklich nennen.

Erwartungen wider Willen

Letztes Jahr im Juli hieß es, dass das Spiel später erscheinen würde, da noch Verbesserungen anstünden. Das Spiel können nicht mehr für die „alte Generation“ an Spielekonsolen veröffentlicht werden. Das hat natürlich Erwartungen geschürt, was die Grafik betrifft. Als dann auch noch Werbung mit Nvidia DLSS 3 gemacht wurde, ging man schon von einem grafischen Mindeststandard aus. Natürlich ist DLSS 3 keine Technologie, die dafür sorgt, dass das Spiel gut aussieht, sondern lediglich besser läuft, aber der Einsatz von neuen Technologien lässt in der Regel auf gute und moderne Technik hoffen.

Und da haben wir es auch schon: Es wurde bewusst mit Erwartungen gespielt.

Mit einer RTX 4090, vollem Raytracing, kann man ohne DLSS 3 gerade einmal 48 FPS im Schnitt erreichen. Ohne DLSS ist das Spiel also alles andere als flüssig. Mit DLSS 3 kommt man hier auf weit über 144 FPS im Schnitt. Mit einer RTX 3060 und DLSS 2 kommt man auf gut 60 FPS.

Selbst mit DLSS hat man dennoch auf so ziemlich jeder Grafikkarte mit FPS zu kämpfen. Ruckler sind in der kompletten Spielwelt verteilt und stören das bereits nicht so ausgefeilte Gameplay noch mehr. Sprung- und Kletterpassagen, die zuvor schon nicht so toll waren, werden durch schlechte Technik noch einmal verschlimmert. Frust, Frust und noch mehr Frust machen sich breit.

Und dann ist das noch nicht einmal ein Preis für gute Grafik. Trotz Raytracing, hohe Auflösung und alle Grafikmodi auf Anschlag, sieht das Spiel immer noch bescheiden aus. Die NPCs bewegen ihre Münder nicht beim Sprechen, das Laufen sieht aus, als hätten sich allesamt in die Hose gemacht, die Texturen stammen aus Zeiten der PS2 und von den Haaren, die man extra im Menü anwählen kann, wollen wir erst gar nicht sprechen.

Technisch macht das Spiel eine sehr schlechte Figur und da kann noch nicht einmal Raytracing die langweilige Story und das langweilige Gameplay ins rechte Licht rücken. Selbst dann, wenn man die Erwartungen ganz nach unten schraubt, wird man hier nicht auf ein gutes Spiel treffen. Für 60 Euro ist das Spiel nicht zu empfehlen. Für Hardcore-„Der Herr der Ringe“-Fans wird es vielleicht im weitesten Sinne interessant sein. Für Stealth-Liebhaber wird es die Hölle. Für PC-Spieler, die gut und gerne mal die Grafik liebäugeln, ist es ebenfalls nicht zu empfehlen.

Gerade bei kleineren Studios sucht man doch noch nach positiven Aspekten. Aber auch nach stundenlanger Suche, und das Spiel hat 10 Kapitel und geht gut 15 Stunden, ist einfach nichts Gutes zu erkennen. Vielleicht sind die Ansätze ganz nett, aber das war es dann auch schon.

Für diesen Test wurde uns ein Muster zur Verfügung gestellt.

0
Disaster
10100
Pros

Streitgespräche zwischen Sméagol und Gollum

Cons

Charakter-Design und -Animation scheußlich

Leveldesign langweilig, uninspiriert

Story langweilig

Performance sehr ruckelig, viele Ladebildschirme

Bewegungen sehr ungenau

Auswirkungen der Entscheidungen zu lasch und nur gegen Ende

Zu wenige und teils schlecht umgesetzte Gameplaymechaniken

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