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Elden Ring (PS5) im Test

Elden Ring (PS5) im Test

Momentan kommt eine Lobpreisung nach der anderen: Elden Ring soll das Spiel schlechthin sein. Gleichzeitig kommen immer wieder Diskussionen über Schwierigkeitsgrade, Open World-Markierungen und mehr auf. Sind die Lob-Bekundungen wirklich berechtigt? Das und vieles mehr klären wir in den nächsten paar Minuten.

Wie viel Dark Souls steckt in Elden Ring?

Ach, ein neues FromSoftware-Spiel ist erschienen. Endlich. Mit Dark Souls fing bei mir alles an. Ein Spiel, das so faszinierend wie auch schwierig war, ohne dabei allzu unfair zu sein. Klar, das Gegner-Placement war nicht immer perfekt, die Technik hat auch mal gestrauchelt oder die Frustration bei dem ein oder anderen Boss kaum überwindbar, aber wie das mit Erinnerungen so ist, bleibt am Ende immer nur das Gute hängen.

Bloodborne hat sich in neue, actionreichere Gefilde gewagt und auch Sekiro ist einen Schritt weiter gegangen. Letzten Endes hieß das aber, auf den sicheren Schild zu verzichten.

Elden Ring geht sowohl einen Schritt weiter als auch mehrere Schritte zurück – im positiven Sinne.

Back to the Roots heißt es, wenn man sich das Gameplay anschaut. Es gibt wieder zahlreiche Waffen, die sich grob in Stärke, Geschick, Glaube und Magie einordnen lassen, aber nur ganz grob. Es gibt einige Waffen, die auf mehrere Werte aufbauen, wie etwa das Moonlight Greatsword, das sowohl Magie als auch Stärke fordert. Auch Schilde werden hier nicht verpönt, sodass wir hier zu den Dark Souls-Wurzeln zurückgekehrt sind. Das war es dann aber auch schon mit der Reise in die Vergangenheit.

Denn ab jetzt gibt es unheimlich viel Neues. Bleiben wir mal auf der Waffenebene. Klar, Bögen und Armbrüste gab es schon zuvor, aber die waren schlechthin nicht gut. Sie waren weder gut in der Handhabung noch konnten sie Feinden schaden. Das sieht nun anders aus. Es gibt so viele unterschiedliche, craftbare(!) Pfeile, dass man sich etwas austoben kann.

Magie und auch Glaube sind wieder ein Teil des Spiels, der etwas abgehoben ist, wenn nicht sogar noch abgehobener als sonst. Immerhin kann man Bosse in wenigen Sekunden schmelzen lassen. Dass manche Spieler, die mit Schlagwaffen mehrere Versuche für einen Boss brauchen, etwas böse auf Magier schauen, ist daher verständlich.

Flexible Kampfgestaltung

Auch wenn man sich zu Beginn eine Klasse ausgesucht hat, so hat man trotzdem alle Freiheiten, welche die Spielwelt zu bieten hat. Warum nicht einen Gandalf spielen, einen sogenannten Battlemage? Warum nicht einen erfahrenen Samurai spielen, der auch mit Pfeil und Bogen umgehen kann? Warum sich nicht ständig unsichtbar machen, sich teleportieren und Gegnern mit den Dolchen zu schaffen machen? Oder als Barbarenschlächter teils mit Pyromantie und teils mit dicker Keule umherfuchteln? In Elden Ring kann man seinen Charakter so gestalten, wie es einem beliebt – und genau das macht das Spielgefühl aus. Schafft man mal einen Boss nicht, so kann man die Ausrüstung ändern, seinen Status verbessern, leveln gehen oder sich auch Hilfe suchen.

Immerhin gibt es wieder einen Koop-Modus, der so einfach wie eh und je ist. Mit Krummfingermedizin, die man sogar craften kann, sobald man das entsprechende Rezeptbuch gefunden hat, kann man sich Freunde oder auch Fremde suchen, die einem helfen. Vorab möchte ich aber warnen: Versucht die Bosse erst einmal selbst, lernt ihre Bewegungen und ihre Stärken und Schwächen, denn es gibt nichts Ärgerlicheres, als jemanden zu rufen und in den ersten paar Sekunden zu sterben.

NPCs können dafür recht selten gerufen werden, dafür ist es dann umso imposanter, wenn man dann plötzlich mehrere rufen kann.

Story? Keine Ahnung, denn es gibt noch kein neues Video von Vaati Vidya

Trotzdem ist das Spiel in erster Hinsicht eine Single Player-Erfahrung, immerhin möchte man ja der Eldenfürst werden. Das war es dann aber auch schon fast mit der Story. Es wird wieder viel über die Spielwelt selbst erzählt, Thema Environmental Storytelling. Es wird auch einiges über NPCs in Erfahrung gebracht, aber letzten Endes gibt es im Spiel nur ein Ziel: weiterkommen.

Open World ist nicht gleich Open World

Im Gegensatz zu den älteren Schmuckstücken von FromSoftware geht es nun zwar immer noch horizontal und vertikal zu, aber die Welt ist viel offener. In den meisten Fällen kommt man überall hin. Dadurch, dass man ein Reittier hat, geht es nur noch schneller, sich in die Misere zu reiten.

Häufig wird es also passieren, dass man an eine Stelle gerät, die viel zu schwierig ist. Dann macht es Sinn, sich umzudrehen und einen anderen Weg zu suchen. Es gibt sogar Markierungen für die Hauptquest. Gerade, wenn es dann mal nicht weitergeht, sollte man sich einfach umdrehen und sein Glück in der entgegen gesetzten Richtung versuchen.

Es gibt unzählige Bosse, Dungeons, Geheimnisse, geheime Wege, Aufzüge, Shortcuts, Untergrundwelten, usw., dass die Erkundung im Spiel nicht nur für das Leveln wichtig ist, sondern auch einfach Spaß macht. Selten pausiert man die Spielsession mit dem Wissen, nicht zu wissen, was man als Nächstes tun soll. Immer endet eine Session mit dem Gedanken, was man als Nächstes tun kann – und sei es nur ein Boss, den man noch nicht geschafft hat.

Die leidige Diskussion um den Schwierigkeitsgrad

Apropos, Gegner nicht schaffen, Elden Ring ist an sich kein einfaches Spiel. Viele kritisieren momentan, dass es zu schwierig ist und fordern einen einfacheren Schwierigkeitsgrad. Bislang haben FromSoftware-Spiele immer darauf verzichtet. Myazaki, Kopf von FromSoftware, spielt das Spiel immer durch, bevor es herausgebracht wird. Wenn er das schaffen kann, so meint er, kann es jeder schaffen.

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es manchmal schon knüppelhart sein kann. Insgesamt waren es bei mir zwei Bosse gegen Ende hin, die mir wirklich Probleme bereitet haben. Ich wurde sauer, ich habe es auf das Spiel geschoben, bin leveln, einmal sogar umskillen gegangen und habe es auf Biegen und Brechen und mit Tricks versucht (zum Beispiel Runenbögen benutzt, die in meinem Fall mehr Lebensenergie, Ausdauer und Co. gegeben haben). Runenbögen sind quasi das Äquivalent zur Menschlichkeit aus den Souls-Spielen, nur dass man sie erst nutzen kann, wenn man im Besitz von großen Runen ist.

Das sind ebenfalls einige Neuerungen, die das Spiel mit sich bringt. Es gibt natürlich kaum Tutorials, das war schon immer so und wird wohl auch so bleiben. Man bringt sich das meiste eigentlich selber bei, mal abgesehen von kleineren Einblendungen, die das Nötigste erklären.

Man bringt sich bei, einen Weg zu finden. Man bringt sich bei, mit diversen Gegnern zurechtzukommen. Man bringt sich bei, nach Items Ausschau zu halten. Man bringt sich bei, Bosse nach und nach zu besiegen. Man bringt sich mit der Zeit sogar bei, Medaillon-Rätsel und Ähnliches zu lösen. Man lernt stetig dazu und das ist ein Teil des Spiels, der besonders Spaß macht. Selbst Quests muss man größtenteils selber finden und da ja auf Questlogs verzichtet wird, muss man auch hier lernen, aufmerksam zu sein, da man sonst sehr lange nicht weiterkommen wird.

Letzten Endes ist aber die Welt so gestaltet, dass man schon nach kurzer Zeit den richtigen Weg einschlägt. Man findet seinen Weg und man meistert seinen Weg – zumindest im Laufe der Zeit.

Kleinere Hilfen kann man sich sehr gut bei fextralife.com holen, u.a. eine Map, die anzeigt, welches Level und welches Waffenlevel man in welchem Gebiet haben sollte. Aber das sind externe Hilfen, die man wirklich nur dann nutzen sollte, wenn man nicht weiterkommt.

Spielzeit: Von 30 bis 100 Stunden ist alles drin

FromSoftware hat angegeben, dass man für das Spiel gut 30 Spielstunden benötigt, wenn man nur das Nötigste tut. Selbst habe ich knapp 43 Stunden benötigt. Ich habe nicht nur das Nötigste gemacht, aber mit Sicherheit auch nicht alles gefunden, da ich mit so gut wie keinen Hilfen spielen wollte, gleichzeitig aber auch wirklich schlecht im Finden von Dungeons bin.

Ein Spiel nur für Spieler mit viel Skill?

FromSoftware kann man als Spiel für jedermann bezeichnen, was sich aufgrund des Schwierigkeitsgrades zu Beginn komisch anhört, aber es ist wirklich so. Jeder kann in seinem Tempo spielen, mit Waffen, mit denen er sich wohlfühlt und mit Freunden, wenn es dann doch mal haken sollte oder einfach so zum Spaß. Die Spielwelt ist wunderschön designt, auch wenn sie grafisch nicht mit anderen Spielen mithalten kann. Das Gameplay ist und bleibt nahezu perfekt. Es fühlt sich gut an, da jeder Gegner ein Feedback gibt, wenn man ihn getroffen hat. Selbst wenn ein knüppelhartes Steinmonster kein Feedback gibt, weiß man, warum es kein Feedback gibt. Ob man Gegner nun perfekt parryt und daraufhin dann besonders viel Schaden macht, ob man einen besonderen Sprungschlag macht oder übermächtige Magie in genau der einen Sekunde castet, bevor es brenzlig wird, das alles sind Spielsekunden, die das Spiel und vor allem das Spielerlebnis besonders machen. Sie bieten einem eine Erfahrung, die man so aus anderen Spielen nicht kennt. Manchmal ist man wütend auf sich selbst, weil man es nicht hinbekommt. Manchmal ist man wütend auf das Spiel, eben weil es einen herausfordert und manchmal ist man einfach übermäßig glücklich, wenn man es dann doch geschafft hat. Es spielt mit den eigenen Emotionen und welches Spielerlebnis könnte schöner sein?

Nun gut, jetzt gab es übermäßig viel Lob.

Ein Quentchen Kritik, das ich selbst kaum ernst nehmen kann

Kommen wir zu den Kritikpunkten in Kürze, denn diese beeinträchtigen das Spielerlebnis nicht:

  • Alle Drachen im Spiel reagieren fast gleich (nur die Schadensart ist anders)
  • Manche Bosse sind in der Überzahl und beherrschen sowohl Nah- als auch Fernkampf, was sie wirklich sau schwer macht
  • Es gibt jetzt schon Orte, an denen richtig fies “invaded” wird, d.h. es kommt ein Spieler aus einer anderen Welt, um einen zu töten. Man muss sich also entscheiden, ob man im Koop spielt und diese bösen Jungs duldet oder eben alleine spielt
  • Die Nachrichten von anderen Spielern werden immer irreführender. Es gibt einige Nachrichten, die auf tolle Items oder versteckte Wände hinweisen. Die meisten sind aber einfach nur unnötig
  • Kleinere Bugs, das Stacken von Eingaben oder auch das Schlucken dieser in seltenen Fällen
  • Wenn man mit dem Pferd herunterspringt und es bei einem kleinen Sprung manchmal schon stirbt und mit ihm wir natürlich auch (Ich hatte mehr Tode durch’s Springen als durch’s Kämpfen!)
  • Viele Gegner waren eine Hommage an bereits bekannte Gegner aus anderen Souls-Spielen (kann man positiv sehen), so auch die Bewegungen

Das beste Spiel aller Zeiten?

Wie schon gesagt: Das sind alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was das Spiel einem bietet, aber ich wollte sie mal sicherheitshalber erwähnen, auch wenn sie für mich in meiner Wertung keinen Unterschied machen. Ich hatte schon seit Jahren nicht mehr so viel Spaß an einem Spiel. Selbst arbeiten gehen oder essen schienen bis zum letzten Endboss eine reine Tortur, weil ich einfach weiterspielen wollte.

Elden Ring ist das Spiel des Jahrzehnts und ab sofort mein absolutes Lieblingsspiel. Ich kann es ohne Einschränkungen empfehlen.

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Masterpiece
100100
Pros

Tiefgründige, verzweigte, vertikale und sehr gut designte Spielwelt

Ein facettenreiches Kampfsystem für jedermann

Bosse, die sowohl herausfordernd als auch befriedigend sind

Koop ist nun noch einfacher

Es gibt Drachen - und man kann auf einem Pferd reiten

Es gibt nun Fauna, die nicht böse ist

Nebenquests sind genial gestaltet

Viele neue Mechaniken, u.a. große Runen

Einsteigerfreundlich, aber auch End-Game fordernd

Herausfordernd, meistens fair und dabei auch noch designt, dass man besser werden muss

Cons
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