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»Fallen Legion Revenants« – Review

»Fallen Legion Revenants« – Review

Einige Gameplay-Mechaniken findet man in heutigen Spielen so gar nicht mehr, andere hingegen sind so ausgelaugt, dass man sie am liebsten schon vergessen würde. Was jetzt nach einem sehr düsteren Start für eine Review klingt, könnte meine emotionale Verfassung während der ersten Spielstunde gut und gerne widerspiegeln. Doch wie so vieles im Leben, kann sich auch ein Spiel im Laufe der Spielzeit verändern.

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Als ich den ersten Trailer von »Fallen Legion Revenants« gesehen habe, dachte ich mir, dass dies das »Darkest Dungeon« sein wird, das ich haben möchte. Nämlich ein »Darkest Dungeon« mit Anime-Grafik und etwas abgehobener Story. Vielleicht sind ja sogar abgedrehte Charaktere dabei?

Die Erwartungshaltung war dementsprechend hoch. Und was nun einmal bei einer Erwartungshaltung passiert, wenn man sich zuvor auf ein anderes Spiel eingeschossen hat, ist ganz klar der Fall.

Fangen wir mal ganz unten an

In den ersten Spielminuten durfte ich Rowena spielen. Diese hatte zwei sogenannte Exemplare bei sich. Was das ist? Zu Beginn hatte ich keine Ahnung.

Ich lief also mit Rowena und den mir unbekannten zwei Exemplaren von links nach rechts im Bildschirm. Irgendwann erschien ein Gegner, dann zwei, dann mehr und schwierigere.

So cool sehen Kämpfe erst später aus

Das Kampfsystem, von dem ich fälschlicherweise ausgegangen bin, dass es rundenbasiert wäre, hat mich überrascht. Ein Exemplar soll ich mit Kreuz, ein anderes mit Kreis steuern. Okay, zwei Tasten bekomme ich doch locker hin. Kleine weiße Balken neben der Kreuz- und Kreistaste verraten mir, wie oft ich zuschlagen kann. Steht auch im Tutorial im oberen rechten Rand, das mir aber nicht so ganz runtergehen will.

Ich haue alle Balken weg – mit meinem Kreuz-Exemplar, dann mit meinem Kreis-Exemplar. Warum? Keine Ahnung. So richtig sagen, wofür ich kämpfe, was Welkin ist oder was zur Hölle Exemplare sind, wurde mir noch nicht gesagt. Ich mache dann einfach mal weiter, mich immer noch darüber ärgernd, dass es nicht »Darkest Dungeon« ist wohl gemerkt.

Auf den Boden der Tatsachen gebracht

Okay, da habe ich kurz nicht aufgepasst und sterbe auch schon meinen ersten Tod. Bei der altbackenen Grafik dachte ich jetzt schon, ich müsste ganz altbacken von vorne beginnen. Aber hey, schon wieder verkalkuliert. Denn ich kann direkt im Boss-Fight starten oder, wenn ich will, von Anfang der Stage. Will ich natürlich nicht.

Das ist ein späterer Boss – soweit muss man erst einmal kommen

Im Laufe der Zeit bis zum Boss-Fight, was eigentlich nur ein paar Minuten waren, habe ich gelernt, wie man blockt, perfekt blockt und besondere Fähigkeiten einsetzt. Wenn man perfekt blockt, also L1 drückt, wenn einen Geschosse erreichen, kann man diese zurückwerfen. Gemacht, getan, gefailt. Gut bin ich in solchen Geschicklichkeitseinlagen nun wirklich nicht. Werde ich mit der Zeit besser? Das bilde ich mir zumindest ein und spiele freudig weiter, weil ich „nur“ zwei Versuche für den ersten Boss gebraucht habe.

Wie sieht denn nun aber so ein Boss im Spiel aus? Wenn man vorher von ca. 3 Gegnern gepeinigt wurde, ist es jetzt in der Regel nur noch einer. Was etwas peinlich ist, wenn man von einer alten toten Frau mit heftiger Schrotflinte verprügelt wurde und sich dann freut, „nur“ zwei Versuche gebraucht zu haben. Aber nun gut.

Die alte Frau hat einen Lebensbalken, der über den gaaanzen Bildschirm reicht. Sie hat so viel Lebensenergie, das ich am Anfang dachte, dass ich nicht wüsste, wie man zuschlägt. Eigentlich fühlt es sich aber immer so an. Die Standardangriffe im Spiel sind leider sehr schwach und es fehlt ihnen einfach an Wumms.

Ich schlage, schieße, werfe… und der Gegner lächelt mich frech an. Fast so, als habe ich daneben geschlagen. Der Gegner schießt auf mich, manchmal schaffe ich es, den perfekten Parry zu landen (ich bin wirklich SO schlecht darin, das hat auch nichts mit dem Spiel zu tun) und das Geschoss wummst zurück. Gut, jetzt kann ich lächeln. Wenn ich einen Mana-Orb erwirtschaftet habe, kann ich eine Spezialattacke raushauen. Entweder kann Rowena zaubern, was cool aussieht und ca. doppelt so viel Schaden macht, wie ein normaler Angriff oder ein Exemplar darf besonders hart zuschlagen. Zu Beginn hat man ein Exemplar mit Schild, was gut blocken kann und daher gerne vorne stehen sollte. Das schnelle Exemplar kann schnell zustechen und Gegner zu sich ranholen. In Kombination und Theorie hört sich das toll an, aber zwei Knöpfe gleichzeitig… na ja eigentlich drei, weil Rowena ist ja auch noch dabei.

Nehmen wir jetzt einmal an, dass ich das nach einer kurzen Zeit schon besser, wenn auch bei Weitem nicht gut, hinbekommen habe. Dann schlägt mir die Realität schon wieder ins Gesicht. Nicht nur, dass es einen Wertungsbildschirm am Ende gibt, der mir noch einmal sagt, wie schlecht ich war, auch kommen noch weitere Exemplare dazu!

Mehr Knöpfe drücken = mehr Spielspaß?

Jetzt sind es vier Knöpfe zum Angreifen, einer zum perfekten Blocken und wieder muss ich links meine Balken (Gesundheit und Angriff) im Auge behalten und rechts die Gegner, die angreifen. Ich bin ehrlich gesagt heillos überfordert, habe aber auch das Gefühl, dass ich besser werde.

Zum Glück darf ich zwischendurch Lucien spielen. Wartet mal! Wer ist das jetzt schon wieder?!

Luciens Wege sind unergründlich simpel?

Redegewandt ist er schon mal

Lucien spricht gerne, auch mit Rowena, die vor einer Sekunde noch auf dem Schlachtfeld war, sich zu ihm teleportiert hat und jetzt um Rat fragt, ob sie nach links oder rechts gehen soll. Dann steh ich da, als Lucien, wer auch immer das sein mag.

Ich laufe also in einem Schloss, das Welkin heißt, von links nach rechts und von rechts nach links. Ahhhh…Welkin….

Okay, erstes Mysterium geklärt. Dann suche ich mal Informationen als Lucien. Ich quatsche die Leute an. Das Bild bleibt nach dem Sprechen immer kurz stehen und ich muss schauen, ob meine Konsole nicht abgestürzt ist. Auch beim x-ten Mal schaue ich meine PlayStation böse an, obwohl sie nichts dafür kann. Ist wohl ein Feature, das ich nicht verstehe.

In Zeitnot mal eben eine Entscheidung getroffen. Werde ich diese noch bereuen?

Aber gut, es gibt Patches, es gibt Updates und es gibt Kleinkram, an dem man sich nicht lange aufhängen muss.

Es gibt auch andere Erzählformen außer Zwischensequenzen

Neben Luciens wirklich ausgeprägter Redekunst, seinen Bestechungen und falschen Verprechungen, kann er sich auch verstecken. Er ist also weniger der Kämpfertyp und lässt gerne für sich arbeiten. Wieder etwas gelernt. Ganz ohne langweilige Textwände, denn im Spiel sind die Dialoge vertont. Teils hört sich das sehr gut an, teils ist mir die Lache einiger NPCs schon nach wenigen Sekundenbruchteilen zu viel. Aber das ist Geschmackssache.

Kein Triple-A, aber hat trotzdem was

Das Spiel hat also zwei Parts, die teilweise wie in »The Medium« nebeneinander dargestellt werden. Okay, der Vergleich hinkt ein wenig hinterher, aber das tut die Grafik des Spiels ja auch. Wobei man hier fair sein muss. Immerhin ist dies keine Triple-A-Produktion, wodurch die Grafik angemessen ist. Ein bisschen wehleidig machen die Charaktermodelle aber schon, vor allem wenn man die wunderschön gezeichneten Zwischenbilder sieht, die Bock auf mehr in dieser Qualität machen. Dennoch: Grafik ist nicht alles und Spielspaß lässt sich nicht in 4k aufwiegen.

Zurück zum eigentlichen Punkt.

2 Perspektiven, eine Story

Ich spiele also teils Rowena, die mit ihren Exemplaren, die mit der Zeit mehr werden, aus denen man aussuchen kann und die wirklich coole Fähigkeiten haben. Ich spiele aber auch Lucien, einen richtigen Schmierlappen und auch wenn ich beide spiele, kann ich beide gegeneinander ausspielen. Wenn Lucien so nett ist und eine Route ausmacht, kann ich ihm als Rowena immer noch misstrauen und eine andere Richtung einschlagen. Das ist fast, als würde man Schach gegen sich selbst spielen – nur etwas spannender.

Deutlich wird, dass das Spiel Entscheidungen hat, die sich auch wirklich auswirken. Das Spiel hat unterschiedliche Enden und hat somit sogar einen Wiederspielwert. Es ist fordernd, weil es eben nicht auf rundebasiert setzt, sodass man Zeit hat für taktisches Vorgehen. Etwas Strategie ist schon dabei, immerhin plant man seine Gänge mit Rowena, wählt Exemplare aus, usw. Dennoch liegt die Kunst des Spiels darin, dass es Spieler*innen dazu bringt, besser werden zu wollen. Ich wollte besser werden, schneller, stärker und vor allem brachialer. Mein Ziel wurde es, Gegnern das Fürchten beizubringen. Natürlich hat das nicht geklappt, auch nicht zum Ende hin, als es schwieriger wurde, weil ich dazu zu schlecht war, aber hey, vielleicht schaffen es andere.

Story wider Willen

Was die Story angeht, diese ist nun nicht das Gelbe vom Ei, um ehrlich zu sein. Das Miasma hat die Welt für sich eingenommen und das einzige Luftschloss Welkin, ist so eine Art Gefängnis, da Ivor, der Obermotz und bestimmt nicht der Endgegener (Zwinker) alle unterjocht. Rowena ist zwar schon tot, wünscht sich für ihren Sohn jedoch Besseres. Sie sammelt starke Wesen namens Exemplare, welche eigentlich alte Waffen sind und erst später mehr zu ihnen verraten wird.

Jaaaa, genau! Sieh dir das Ding doch mal an!

Die Geschichte spielt mit Tod, Hinterlist, mit der Liebe einer Mutter und vor allem damit, diese zu entdecken. Nichts wird einem von Anfang an per Zwischensequenz serviert, man erarbeitet sich das Ganze.

Zu Beginn habe ich das Wort „altbacken“ benutzt, was dem Spiel nicht gerecht wird. Die angemessene Grafik, die Nutzung von Stages, das Kampfsystem, aus dem man erst nach einigen Spielstunden richtig schlau wird und die verwirrende Geschichte – zumindest zu Beginn – sind alles Andere als altbacken. Im Zusammenspiel ergeben sie ein Spielerlebnis, das sich sehen lassen kann, auch wenn es nicht unbedingt für die breite Masse gemacht ist. Es ist ein ganz spezielles Spiel, auf das man sich einlassen muss, denn erst dann erkennt man die Story- und Gameplay-Tiefe. Und ein bisschen Geschick solltet ihr mitbringen. Zumindest mehr als ich, dann ist das Spiel auch nicht ganz so schwer. Einfach wird es aber glaube ich an keiner Stelle, außer ihr seid sehr viel besser 😉

0
Great
70100
Pros

Spornt an, besser zu werden

Story muss man sich erarbeiten

Wiederspielwert

Zwei Spielarten in einem (Rowena, Lucien)

Cons

Sehr schwieriger Start

Technisch nicht ganz sauber (Warte- und Ladezeiten), aber weitesgehend Bug-frei

Unübersichtliche Kämpfe

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