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»Amnesia: Rebirth« – Review

»Amnesia: Rebirth« – Review

Horrorspiele machen es sich in letzter Zeit immer recht einfach. Oft spielt man einen gut ausgebildeten Soldaten oder einen riesigen coolen Typen mit Muskeln, die jeden Dämon schwach werden lassen. Selbst dann, wenn wir die Rolle einer Frau übernehmen, haben wir dicke Wummen, Knarren, Raketenwerfer und immer einen coolen Spruch auf den Lippen. Aber ist das noch Horror?

Zu schwach…

In »Amnesia: Rebirth« spielen wir eine Frau, deren Körper nicht mit Muskeln übersät ist, die auch keine Waffe trägt oder übernatürliche Fähigkeiten hat, wie etwa telepathische Arschtreter-Fähigkeiten. In »Amnesia: Rebirth« spielen wir eine Mutter und Ehefrau. Was schnell zu einem langweilig anmutenden Spiel hätte werden können, beweist schon in der ersten Sequenz das Gegenteil.

Nach einem Flugzeugabsturz sind wir allein. Alle anderen Passagiere, Captains und Flugbegleiter sind weg. In einer höllisch heißen Wüste und einer prallen Sonne im Rücken machen wir uns auf in eine Horror-Abenteuer. Alles ist zu Beginn hell und grell, was gar nicht so sehr nach Horrorspiel aussieht. Doch was zu Beginn harmlos aussieht, täuscht und spielt unsere Erwartungshaltung herunter.

Und schon ist die Sonne weg!

Gestärkt durch unser viel zu großes Ego und der Annahme, dass es ja gar kein richtiges Horrorspiel sein kann, begeben wir uns in die erste Höhle. Toll, jetzt ist es nämlich stockdüster. Ohne das ein oder andere Streichholz sehen wir hier nichts. Je länger wir im Dunkeln umhertasten, desto schlimmer wird die Angst und mit der Angst kommen die Ranken im Blickfeld aka unser sicherer Tod.

Wir suchen das Licht, spielen dabei die Motte, die das Spiel uns spielen lassen will und suchen einen Ausweg. Warum sind wir überhaupt in diese Höhle gegangen? Ach ja, wir sind ja Ehefrau und Mutter. Unser Ehemann ist verschwunden und einige Zettel, die wir gefunden haben, haben uns darauf schließen lassen, dass er in dieser Höhle ist. Nachdem wir unsere Liebe auf den Prüfstand gestellt haben, gehen wir dann wider besseren Wissens in die Höhle.

So gehen wir weiter in die finstere Höhle. Streichholz um Streichholz steigt die Angst, gleich im Dunkeln zu bleiben und irgendwann, ja, dann sind die Streichhölzer leer. Was dann passiert, ist, dass die Angst Überhand nimmt. Jeder Spieler und jede Spielerin reagiert nun anders. Manche werden vorsichtiger, sie schleichen und tasten sich von Wand zu Wand, immer nach hinten schauend, denn da muss ja noch etwas Schlimmes lauern. Andere, und meine Wenigkeit gehört mit wenig Stolz verkündend dazu, rennt einfach blind drauf los.

Die Rennentaste kann ein Freund aus der Dunkelheit sein, aber auch der sichere Tod bedeuten, denn das Level weiß sich zu wehren. Immer mal wieder muss man balancieren, immer mal wieder gibt es Abgründe und immer mal wieder hat man es einfach schlichtweg verkackt. Richtiger Frust kommt dabei aber komischerweise nie auf, denn es geht immer irgendwie weiter, fast so, als würde das Spiel die eigenen Unzulänglichkeiten willkommen heißen.

Aber so richtig Tassen im Schrank haben wir dann doch nicht

Viele Spielmechaniken kann »Amnesia: Rebirth« leider nicht bieten. Es spielt mit der Angst, mit der Dunkelheit und erzählt dabei eine interessante und wendungsreiche Geschichte. Man erfährt mehr über die Passagiere des Flugzeugs, über die Ehe und über die Kinder, ohne dass es zu schnulzig oder langweilig werden würde. Meistens entdeckt man die Geschichten selbst, indem man Zettel aufhebt und diese emsig liest. So richtig Gameplay kann man das jetzt nicht nennen, aber es gehört zum Spiel dazu. Einfach nur rennen und von A nach B laufen, reicht einfach nicht aus – auch nicht in Angstmomenten.

Die Level unterscheiden sich stark, wenn sie auch sehr schlauchig sind. Dennoch kommt immer wieder die Freude am Erkunden auf. Glaubt man in der einen Sekunde noch, dass man »Tomb Raider« spielen würde, wird man in der nächsten Sekunde in einen dunklen Dungeon geworfen. Das sorgt für Abwechslung, Cool Downs und vor allem zieht es einen immer wieder in seinen Bann. Das Spiel ist mysteriös und versucht gleichzeitig, eine lebendige Welt und eine lebendige Geschichte zu erzählen.

Horror-Momente in Form von Jumpscares wird man in diesem Spiel sehr selten finden. Es spielt mit anderen Ängsten, der Angst einer Mutter, der Angst vor Verlust, der Angst, allein zu sein und der Angst vor dem Übernatürlichem, Unsichtbarem, das hinter einem lauern könnte. Man hat keine Waffen und kann sich auch nicht wehren, sodass es nicht zu einem Actiongewitter ausarten kann. Doch reicht das aus, um ein gutes Horrorspiel zu sein? Das kommt auf den Betrachter an. Ja, es hat Gruselmomente, aber diese sind teils sehr seicht gehalten. Irgendwie weiß man, dass nicht wirklich etwas passiert. Anderseits spielt es mit all den oben genannten Ängsten und entspannend kann man das Spiel nicht nennen. Dennoch: Es erreicht nicht die Angst-O-Meter-Höhe eines »Dead Space«. Es ist ein Spiel, das eine düstere Horrorgeschichte erzählt, doch spielt man diese nicht so wirklich.

Die Angst vor ruhelosen Nächten durch Baby-Geschrei…

»Amnesia: Rebirth« kostet gut 24,99 Euro. Ich habe die PS4-Version getestet und muss sagen, dass es eine sehr gute Leistung hinlegt. Es läuft flüssig, hat ein klares nicht verwaschenes Bild und auch die Ladezeiten halten sich in Grenzen. Die längste Ladezeit ist der Startbildschirm, doch wenn man dies wie Werbung im TV handhabt und beim Starten erst einmal die Spülmaschine ausräumt, kann man danach fast ohne Unterbrechung spielen.

0
Amazing
80100
Pros

Fesselnde Geschichte

Unterschiedliche, optisch ansprechende Level

Horrormomente auf einem anderen Niveau als Jumpscares

Gegenstände als endlich nutzbare Hilfestellung im Dunkeln

Cons

Schlauchige Level

Story durch Handzettel erzählt

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