Welcher Monat wäre geeigneter, um einen Blick auf »Remothered: Broken Porcelain« zu werfen, der direkten Fortsetzung des 2018 erschienenen »Remothered: Tormented Fathers«, wenn nicht der Oktober?
Muss man Teil 1 gespielt haben?
Die eigentliche Handlung des Vorgängers ist dabei gar nicht so schnell erzählt. Zu Beginn der Fortsetzung gibt es ein kleines Video, das die Ereignisse aus dem ersten Teil nochmals zusammenfasst. Hauptsächlich müssen sich Spieler*innen mit den Charakteren auskennen, der auf Motten basierenden Droge sowie der Nebenwirkungen, um dem Spiel gut folgen zu können.
Wer ist Jennifer?
Dieses Mal schlüpfen Spieler*innen aber nicht in die Rolle einer Journalistin, sondern erleben die Gruselgeschichte hautnah aus der Perspektive von Jennifer, einer Teenagerin mit folgenschweren Teenager-Problemen.
Diese wächst nicht bei ihren Eltern auf, deren Identität gegen Mitte des Spiels offenbart wird. So viel schon einmal vorweg: Jennifers Identität, ihre Vergangenheit und vor allem die für sie wichtigen Charaktere sind von größter Bedeutung für die Geschichte.
Besser als Teil 1?
Wie schon im ersten Teil wird die Geschichte nach und nach spannende und deckt sehr viele Geheimnisse auf. Es gibt sehr viele Wendepunkte, welche die Geschichte geschickt in besondere Richtungen lenkt. Selbst wenn man kein Verfechter von Gruselspielen ist, kann man sich an der sehr gut erzählten bzw. weitererzählten Geschichte erfreuen. Dabei hat die Geschichte nicht mehr ganz so viele „Aha“-Momente und es muss auch weniger erklärt werden, da man die Grundzüge der Droge und ihre Nebenwirkungen schon kennt, dennoch weiß diese gut in Szene gesetzt zu werden.
Macht es Spaß?
Schwieriger gestaltet sich leider das Gameplay. In der Rolle Jennifers lässt es sich nicht ganz so gut manövrieren. Die Steuerung hakt etwas und auch der nicht ganz synchrone Sound sorgt immer wieder dafür, dass man aus dem Gruseln herausgeholt wird. Da sind dann mal kleinere Sound-Bugs, mal wird aber auch einfach ein „Laufen“-Sound abgespielt, auch wenn er nicht ganz zur Schrittreihenfolge des Charakters passt. Das sind kleinere Störelemente, welche leider die Immersion rauben.
Weiter geht das Spielmechanik-Debakel, wenn man versucht, mit Gegenständen zu interagieren. Es gibt beispielsweise einen Schrank, der zwei Türen (je links und rechts) sowie eine Schublade oben beinhaltet. Erkundungstüchtige Spieler*innen werden nun versuchen, alle Türen und Schubladen zu öffnen, in diese hineinzuschauen und alles mitzunehmen, was nicht niet- und nagelfest ist. Doch das gestaltet sich fummliger als erwartet! Man öffnet eine Tür, versucht die Kamera so zu positionieren, dass man etwas sieht. Dann möchte man den Gegenstand der Begierde aufnehmen, kann das aber nicht, weil man versehentlich die Schublade geöffnet hat. Wäre das nur bei einem Schrank passiert, müsste man dieses nicht erwähnen, doch passiert es am laufenden Band.
Komisches Laufen oder auch Trampeln, Schränke, die ihr eigenes Ding durchziehen… in »Remothered: Broken Porcelain« machen wir aber noch mehr. Gecraftete Ablenkungsmanöver helfen beispielsweise beim Weglaufen. Denn wir sind ein Teenager und unsere Gegner sind Erwachsene, die stark und ziemlich gruselig sind. Sie rennen uns hinterher und töten uns, wenn wir nicht rechtzeitig reagieren. Wir können uns verstecken, wir können weglaufen und uns verstecken oder wir können uns teilweise wenigstens wehren. Mit Scheren, Schraubenziehern und Buttermessern bewaffnet, machen wir uns ins Gefecht auf. Wir weichen aus, perfektionieren Quick Time Sequenzen und stechen ziemlich brutal zu. Bei Bossen ist dies die einzige Mechanik, die genutzt werden kann. Weglaufen, ausweichen, Waffe schnappen und zustechen.
Man läuft sehr viel weg, versteckt sich häufig und knobelt, wie es weitergeht. Mal muss man einen Schlüssel finden, mal muss man sich eine Nummer merken und wieder ein anderes Mal muss man am Stromkasten herumspielen (vorher aber noch Gegenstände suchen, Gegner ablenken, schleichen und letzten Endes den Kasten wiederfinden).
Immer das Gleiche?
Haupt Dreh- und Angelpunkt des Spiels ist dieses eine Haus. Man kann zu Beginn nicht alle Räume betreten und erspielt sich quasi mehr Freiraum im Haus. Ziel ist natürlich die Flucht, denn Jennifer ist ein ganz besonderes Mädchen, das sogar Kräfte einsetzen kann, wenn auch erst ab dem zweiten Drittel des Spiels.
Es kommt durch Bugs, durch nicht gut gestaltete Rätsel und leider sehr starre Menü- und Charakterführungen immer wieder Frust auf. Es gibt eine Auto-Speichern-Funktion, welche einem hin und wieder mal den Hintern rettet und es gibt Spiegel, an denen man aktiv speichern kann. Dennoch ist man immer und immer wieder seinem Frust überlassen, wenn man an einer recht kniffligen Passage häufiger erfolgreich vorbei muss.
Doch alles, was das Gameplay in diesem Spiel nicht richtig macht, holt die Geschichte wieder heraus. Sie hat zwar nicht ganz so viele Wendepunkte und vieles wird einem klar, wenn man sich Zeitungsausschnitte, Briefe und anderes durchliest, doch lohnt es sich, diese Geschichte zu erfahren. Der Horror steht im Fokus und es ist keine Geschichte, die man schon allzu oft gehört hätte.
Besser Finger weg?
Für gut 30 Euro bekommt man eine gute Horror-Story, deren Gameplay zwar nicht das Gelbe vom Ei ist, Liebhaber des Genres aber gut und gerne übergehen können, um das Spiel zu genießen. Wichtig ist, dass das Spiel auch nicht allzu lang ist. Mit seinen gut 4 Stunden kann man sich einen sehr schönen Horror-Abend machen. Je nachdem, wie gut und schnell man einzelne Questgegenstände findet, kann man sich aber auch deutlich kürzer oder länger mit dem Spiel befassen.
Die PS4-Version des Spiels hat defintiv seine Makel. Es ruckelt immer wieder und alles wirkt so ein wenig verwaschen. Die PC-Version ist da deutlich im Vorteil, auch wenn diese nicht mit einer Triple A-Produktion in Sachen Grafik mithalten kann. Aber das muss das Spiel auch nicht. Es hat seine ganz eigenen Stärken und spielt diese auch aus. Schön wäre es, wenn im Laufe der Zeit einige Patches erfolgen würden, um das Spiel runder zu gestalten, Fehler auszubügeln und vor allem Bugs auszubessern. Insgesamt hatte ich aber keinen Progression-Bug, sodass man das Spiel sehr gut durchspielen kann – wenn auch immer mit kleineren Abstrichen.
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Eine gute Horror-Story
Sehr gute Dialoge
Authentische Charaktere und Charakterhandlungen
Sehr viele Bugs
Soundprobleme
Setting bleibt unverändert
Spielmechaniken frustrieren
Steuerung fühlt sich nicht gut an